Monats-Archiv: Januar 2014

Franz – schmale Tür, breites Angebot

Während des Umbaus hatten Franz Uwe Feindt und Marita Blom schon zum Baustellenkaffee geladen, nun geht es in die zweite Phase. Das Franz in der Florastraße 25 in Pankow ist fertig. Gemütlich ist es geworden. Gold, weinrot und hellgrün bestimmen die Optik und es ist erstaunlich, wie viele Tische in den kleinen Raum passen. Das war vorher anders.

Das Ergebnis von rund 4 Wochen Arbeit

Jetzt kann man hier frühstücken mit Rührei und Panini; mittags gibt es eine Auswahl an verschiedenen Suppen, Quiche und kleineren Gerichten, leicht, mit asiatischem Einschlag. Wer es deftig mag, findet auch Hausmannskost auf den Tafeln. Der Pfefferminztee ist frisch, der Kuchen selbstgebacken und warten muss man auch nicht lange.

Das Essensangebot wechselt

Noch im Februar wird es eine Abendkarte mit wechselnden Gerichten geben (Phase 3), und bis dahin ist vielleicht auch das Alkoholproblem gelöst. Denn noch hat das Franz keine Konzession. Dabei schien alles ganz einfach. Die Lebensmittelaufsicht war zuerst da. Die Ausstattung von Küche und Gastraum wurde besprochen; eine Konzession sahen die Kontrolleure als nicht problematisch an. Ganz anders das Bauamt: Nein, erst müsse ein Bauantrag gestellt werden und überhaupt sei die Eingangstür 5 cm zu schmal. Was die Breite einer Tür mit einem Glas Wein zu tun hat, wurde nicht erklärt.

So experimentieren die erfahrenen Gastronomen Feindt und Blom jetzt mit Getränken ohne Alkohol. Fruchtschorlen werden mit Aperitifessig, wie Roter Weinberg Pfirsich aufgepeppt und bereits in den kommenden Tagen wird alkoholfreier Wein aus Franken eintreffen. Ein Experiment mit offenem Ausgang. Alles andere kann jetzt schon reinen Gewissens empfohlen werden.

 Zebra-Cheesecake
 Franz
Florastraße 25
Dienstag bis Samstag 10 – 22.30 Uhr
Sonntag 11 – 20 Uhr

Neue Verhandlungen mit der Gesobau

Immer wieder Thema: Die Mieten

Gute Nachrichten für die Bewohner der sanierungsbedürftigen Gesobau-Häuser. Die Bezirksverordnetenversammlung Pankow von Berlin (BVV) hat während ihrer Tagung am Mittwoch mit großer Mehrheit einem Dringlichkeitsantrag zugestimmt, der neue Leitplanken für die Verhandlungen mit der Wohnungsbaugesellschaft definiert.

Ziel ist es, eine „Rahmenvereinbarung über eine sozialverträgliche Durchführung von umfassenden Sanierungsvorhaben“ auszuhandeln, um die Mieter vor Verdrängung zu schützen. Grundlage sind die Erkenntnisse aus dem Pilotverfahren in der Pestalozzistraße 4. In der neuen Kommission sollen neben dem Bezirksamt unter anderem zwei Vertreter aus dem Kreis der betroffenen Mieter und ein externer Fachberater mit der Gesobau verhandeln.

Grünen-Fraktionschef Cornelius Bechtler betonte, dass ein Sozialplanverfahren unerlässlich sei, um Härten zu verhindern. Der Dringlichkeitsantrag sieht unter anderem einen befristeten Mieterhöhungsverzicht und großzügige Regelungen der angemessenen Wohnungsgröße für sozial schwache Mieter vor. Außerdem sollen besonders die Belange von älteren Bewohnern berücksichtigt werden, die mit der Situation häufig überfordert sind. Bechtler lobte das bisherige Entgegenkommen und die Verhandlungsbereitschaft der Gesobau.

Kritik kam vom Fraktionschef der CDU. Johannes Kraft nannte die im Dringlichkeitsantrag gestellten Forderungen unrealistisch. Dinge wie ein Ausschluss von Kündigungen oder die wohnungsweise Ermittlung der tatsächlichen Energieeinsparung seien weder durchsetz- noch machbar. Den Mieterhöhungsverzicht nannte Kraft ungerecht, weil er nicht an die wirtschaftliche Situation der Bewohner geknüpft werden soll. Sollte sich das Haushaltseinkommen merklich erhöhen, führe das zu einer Subventionierung von Mietern, die nicht bedürftig sind. Das Geld wiederum fehle der Gesobau dann zum Bau neuer, günstiger Wohnungen. Die CDU-Abgeordneten stimmten anschließend gegen den Antrag oder enthielten sich.

Ein großer Teil der Bewohner von Gesobau-Häusern hat sich im Pankower Mieterprotest zusammengeschlossen. Im Florakiez betrifft das akut die sehr abgewetzte Florapromenade 21 und potentiell die gepflegtere Gaillardstraße 29. In der Florapromenade steht die dringend notwendige Sanierung unmittelbar bevor. Das Pilotverfahren in der Pestalozzistraße hatte den bei den Mietern einen gemischten Eindruck hinterlassen.

Unter den Mietern herrscht allerdings keine völlige Harmonie. Wie schon in der vergangenen BVV-Sitzung ergriff wieder eine Frau aus der Pestalozzistraße das Wort. Sie berichtete erneut vom vorbildlichen Auftreten der Gesobau und lobte die „extreme Kulanz“. Dem Mieterprotest warf sie mangelnde Transparenz vor. Das Bündnis verfolge eigene Interessen wolle das Verfahren torpedieren. Obwohl die Mieterin von „wir“ sprach blieb unklar, ob sie nur für sich oder eine Gruppe von Mietern spricht. Eine Gelegenheit zur Gegenrede gab es nicht.

Die nächste Tagung der Bezirksverordnetenversammlung findet am 5. März statt

Mehr zum Thema:
Mieter-Sorgen dominieren Bezirksverordnetenversammlung

Am Freitag eröffnet die Wichelbar

Sie ließ lange auf sich warten, nun steht sie tatsächlich an: die Eröffnung der Bar des Wichelhauses in der Florastraße 10a (ehemals Florentine). Am Freitag, den 31. Januar, geht es ab 20 Uhr los. Die Betreiber Verena Pötschke und Steffen Herrmann versprechen jedem Besucher des bislang noch namenlosen Lokals ein Freigetränk. Schwerpunkt der, nennen wir sie provisorisch Wichelbar, werden Wein, Whiskey und Cocktails sein.
Die Webseite der Wichelbar ist noch offline. Das Schaufenster tut es bislang auch.

BSR sucht Weihnachtsbäume

Bitte melde mich!

„Kaum ist der Januar vorbei, schon muss die Tanne abgeschmückt und auf die Straße geworfen werden“, scheint der ein oder andere Kiezbewohner zu denken.

Als Passant wundert man sich jedenfalls, wie viele Leute rund um die Florastraße sich bis jetzt nicht von ihrem Baum trennen konnten. Nun, da die offiziellen Abholtermine längst verstrichen sind und Ostern näher rückt, liegen allüberall die traurigen Reste des Festes aus dem letzten Jahr.

Doch die BSR kennt ihre Pappenheimer und sucht den Weihnachtsbaum-Entdecker. Wer noch irgendwo über einen ausrangierten Nachzügler stolpert, kann ihn im Internet eintragen oder seinen Fund unter der Berliner Nummer 7592 6670 bekannt geben. Die Müllwerker rücken dann aus und entsorgen das gute Stück.

Interview mit Baustadtrat Kirchner (Teil 3): „Eine Kiste ist kein Denkmal“

Sogenante Lisenen wurden auf die Fassade geschraubt

Er gilt als durchsetzungsstark, bürgernah und streitbar: Pankows Grüner Stadtrat Jens-Holger Kirchner. Als damaliger Chef des Ordnungsamtes hat er die Smileys für Restaurants eingeführt. Seit 2011 ist er Stadtrat für Stadtentwicklung und damit zuständig für fast alle Auswirkungen, die das starke Bevölkerungswachstum in Pankow mit sich bringt. Im Florakiez streitet er mit Investoren um Baugenehmigungen, verbietet Luxussanierungen und kümmert sich um Zebrastreifen.

florakiez.de: Das Ärztehaus mit der umstrittenen Fassade am Garbátyplatz ist ein Konflikt, der Sie lange beschäftigt hat. Nun wurde die Fassade mit silbernen und goldenen Dreiecken aufgehübscht. Wie gefällt Ihnen das Ergebnis?

Jens- Holger Kirchner: Naja, das ist jetzt so. Das hat ein bisschen was von den 60er-Jahren. Aber besser als vorher, finde ich.

Ist der Konflikt mit dem Investor Merz Objektbau damit beigelegt?

Ja, das Verhältnis ist jetzt freundlicher als zuvor. Über Architektur kann man ja immer trefflich streiten, aber das Hauptproblem war, dass der Investor anders gebaut hat, als es beantragt war. Ursprünglich war es vergleichsweise ansprechend, weil eine helle Fassade vorgesehen war. Aber damals war ja schwarz gerade modern und der Investor hat mir immer erzählt, er bekommt jetzt einen Architekturpreis für die Fassade (lacht) und ich soll mich doch nicht so haben, die Downing Street wäre auch schwarz. Aber das Hauptärgernis war, dass er anders gebaut hat, als genehmigt. Da sind wir ihm in die Parade gefahren, es gab lange Verhandlungen und das ist dabei herausgekommen.

Musste er das angedrohte Bußgeld von 50.000 Euro zahlen?

Nein, weil wir uns ja geeinigt haben. Das war wie im Kinderzimmer, dieses Bußgeld mussten wir ihm erst einmal androhen. Dann ging es auch. Sicherlich hat uns auch geholfen, dass er das Haus an die Karl Schlecht Stiftung verkaufen wollte. Und die hat gesagt, wir kaufen das Haus nur, wenn der Streit beigelegt ist. Es gab also deutliche Argumente, uns entgegenzukommen.

Passiert noch etwas mit dem sogenannten Garbátyplatz, besser gesagt mit dem, was davon noch übrig ist. Wird er noch etwas gemütlicher?

Der ist noch nicht fertig, dort sollen noch Bäume gepflanzt und weitere Fahrradständer aufgestellt werden. Und dann kommt das Denkmal selber noch, das steht ja noch nicht.

Sind auch Bänke geplant?

Wollen Sie sich dort wirklich hinsetzen?

Nein, schön ist es dort nicht, genauso wie der Weg unter der Bahnbrücke.

Tote Ecke unter der S-Bahnbrücke an der Berliner Straße

Stimmt, die Brücke ist neu gebaut worden aber dann hat das Land Berlin aufgrund der Finanzlage der Stadt keine Möglichkeiten  gehabt, die Mehrkosten für den Bau der Widerlager parallel zur Straßenbegrenzung zu bezahlen. Jetzt stehen sie im rechten Winkel zur Brücke.

Und dadurch entstanden diese Pinkelecken.

Das ist tatsächlich die „Nichtschön-Variante“. Die zwei, drei Meter fehlen uns nun allen Ecken und Enden. Deshalb gibt eine versetzte Straßenbahnhaltestelle; deswegen gibt es nur so einen schmalen Haltestellenbereich stadtauswärts und so weiter. Das ist eine Kettenreaktion. Abgesehen davon, dass die Brücke nun auch nicht gerade schick ist. Das ist eine Industriebrücke wie über den Mittellandkanal – mitten in Pankow.

Wenn wir schon in der Ecke sind, dann sind wir auch gleich bei Herrn Krieger und seinen Plänen für den ehemaligen Güterbahnhof. Was halten Sie von dem Projekt?

Ich setze auf Qualität. Dass der Platz an der Berliner Straße aufgewertet wir? Unstrittig. Dass dort Wohnungsbau hin soll? Unstrittig. Dass wir da eine neue Schule bauen wollen? Das ist auch unstrittig. Dass der Möbel Höffner dort hin soll ist auch unstrittig. Das sind zweifelsohne städtebauliche und architektonische Herausforderungen, zu denen noch einiges zu streiten ist. Ich bin mir aber sicher, dass sich Qualität durchsetzen wird und nicht Kistenarchitektur wie am Stadtrand.

Und wie stehen Sie zu dem geplanten Einkaufszentrum?

Es soll kommen, aber in welchem Kontext – das ist der schwierige Teil und eine Auseinandersetzung wert. Das ist ein 70er-Jahre Standort mit Autobahnanschluss, geplanten 2500 Stellplätzen, ein Möbelfachmarkt, ein Einkaufszentrum, eine quasi in sich geschlossene Gesellschaft. So etwas baut heute kaum einer mehr. Alle Einkaufszentren weltweit fangen an, sich anders zu orientieren, wollen städtische Strukturen reinholen. Da tauchen Kinos, Kultur und Gastronomie auf. In mittleren Städten reißen sie ganze Einkaufszentren ab und bauen sie neu und zwar in der Struktur der Stadt. In Hamburg baut IKEA sogar ein Möbelhaus ohne Stellplätze. Es geht bei diesem Projekt um nicht weniger als die Zukunft des Einzelhandels. Vor allem auch um die Zukunft des bestehenden Einzelhandels. Dieser darf nicht um den Preis eines Riesencenters kaputt gemacht werden. Das ist interessant, hoch strittig und muss auch verhandelt werden.

Stehen Sie in direktem Kontakt mit Herrn Krieger?

Ja, klar, wir streiten uns auch gelegentlich. Das ist direkt und ehrlich, also produktiv. Ich bin der Ansicht dass sein jetziges Konzept eher in die Zeit der Dinos passt. Und er sagt, er weiß, was er kann und er baut so, wie es funktioniert. Kennen Sie den Elbepark Dresden von Krieger? Wir sind uns aber einig, dass es so nicht werden soll und das städtebauliche Qualität Vorrang hat. Ich bin da mittlerweile zuversichtlicher – weil wir miteinander reden.

Ist Krieger nicht auch Pankower?

Ja, das sagt er immer. Er hat es sich in den Kopf gesetzt, sich ein Denkmal errichten zu wollen, und ich sage ihm immer, eine Kiste ist kein Denkmal. Diese 40 Hektar sind es wert, dass man sich streitet. Ein Stück lebendige Stadt soll dort entstehen. Die Florastraße beispielsweise ist von Allem etwas. Aber ein Einkaufszentrum alter Art ist eben nicht von Allem etwas und prägt den Kiez massiv.

Und birgt ein weiteres Verkehrsproblem…

Eben. Wir reden hier über die Florastraße! Da kriegen Sie Einiges ab, von den bis zu 36.000 prognostizierten Fahrzeugen pro Tag.

Morgendlicher Berufsverkehr in der Florastraße

Welche Rolle spielt die Florastraße denn im Verkehrskonzept des Bezirks?

Sie ist eine wichtige Ost-West-Verbindung und daran wird sich auch nichts ändern. Deswegen sanieren wir sie auch immer wieder, gerade die Gehwege. Im 1. Quartal wird auch die Fahrbahn zwischen Florapromenade und Mühlenstraße neu gemacht. So lange wir uns in der Stadt bewegen, wie wir das tun, ist die Idee einer Fußgängerzone oder eines verkehrsberuhigten Bereichs zwar nachvollziehbar, aber… wie sage ich das jetzt diplomatisch? Das soll ja immer nur vor der eigenen Haustür gelten…

Wird sich eigentlich am Anger auf dem ehemaligen Kaufhallen-Grundstück etwas tun?

Der Investor wartet auf die Entscheidung, ob das Einkaufszentrum von Krieger kommt oder nicht. Ich denke mittlerweile, das die Fläche für den Einzelhandel immer ungeeigneter wird. Da kann ich mir, wenn Tegel geschlossen ist, auch eine andere Nutzung vorstellen: Wohnen, Dienstleistungen, Kita,…

Wie sieht es mit dem geschlossenem Hallenbad am Schlosspark aus? Es ging mal durch die Presse, dass die Bäderbetriebe neue Pläne dafür hätten.

Nicht, dass ich wüsste. Das Schwimmbad Wolfshagener Straße wird uns weiterhin beschäftigen.

Es ziehen immer mehr Familien nach Alt-Pankow und die Kinder brauchen Schulplätze, wie reagiert der Bezirk darauf?

Eigentlich dürften wir keine einzige Wohnung mehr in Pankow genehmigen, weil wir durch den Bevölkerungszuwachs jedes Jahr eine neue Grundschule brauchen. Wir gehen aktuell über zu Zwischenlösungen wie mobilen Unterrichtsräumen, aber das kann nicht die Lösung sein.

Könnten Sie Genehmigungen deswegen tatsächlich versagen?

Nein. Pankow fordert genau deshalb ein landesweites Strukturprogramm. Denn wer Wohnungen baut, muss auch an Schulen, Kitas, Straßen, Grünflächen und Senioreneinrichtungen denken. Mit der Forderung ist Pankow aber noch etwas alleine. In anderen Bezirken freuen sie sich, dass Wohnungen gebaut werden, dann bekommen sie ihre Schulen voll und müssen sie nicht schließen. Da sind wir schon lange nicht mehr.

Gibt es noch Flächen für neue Schulen?

Ja, in der Grabbeallee hat das Bezirksamt  gerade ein Grundstück vom Liegenschaftsfonds zurückgeholt. Auch bei der Entwicklung des Krieger-Geländes sind zwei Schulen Bestandteil der Planung. Außerdem werden manche Schulen in Pankow auch mit mobilen Unterrichtsräumen erweitert.

Ist die Kitasituation genauso angespannt?

Ja, aber die ist leichter zu handhaben, denn eine Kita baut sich schneller, und es gibt auch viele Elterninitiativen. Eine Schule ist schon etwas anderes.

Schlagen wir den Bogen zum Beginn unseres Gesprächs, zur Entwicklung Pankows. Wie sehen Sie Alt-Pankow in 10 Jahren?

Ich glaube, dass dann eine große Übereinstimmung zwischen der Bevölkerung und ihren Ansprüchen und dem vorhandenen Angebot vorhanden ist. Das ist nicht das Schlechteste. Im Florakiez fühlt man sich ja jetzt schon wohl.

Sie meinen mehr Geschäfte, mehr Restaurants…?

Ja, und Knabberfische und Yogastudios…ein ausdifferenziertes Angebot für Einzelhandel und Dienstleistungen eben. Das Angebot wird zu den Bedürfnissen passen und in Grünzüge und Parks eingebettet sein. Mitten im Grünen und in 15 Minuten mit der U –Bahn am Alex, besser geht’s kaum.

Werden dann, in 10 Jahren, auch noch Alteingesessene in Alt-Pankow wohnen?

Ja klar! Wenn ein Ortsteil von seniorengerechten Wohnungen, Wohn- und Pflegeeinrichtungen für Senioren geprägt ist, dann ist das Pankow.

Mit Jens-Holger Kirchner sprachen Cathrin Bonhoff und Hanno Hall

Teil 2: Kleingartenanlage Famos, Nasses Dreieck
Teil 1: Florakiez, Verdrängung und Neubauten 

Interview mit Baustadtrat Kirchner (Teil 2): „Die größtmögliche Sicherheit ist Eigentum!“

Brehmestraße

Er gilt als durchsetzungsstark, bürgernah und streitbar: Pankows Grüner Stadtrat Jens-Holger Kirchner. Als damaliger Chef des Ordnungsamtes hat er die Smileys für Restaurants eingeführt. Seit 2011 ist er Stadtrat für Stadtentwicklung und damit zuständig für fast alle Auswirkungen, die das starke Bevölkerungswachstum in Pankow mit sich bringt. Im Florakiez streitet er mit Investoren um Baugenehmigungen, verbietet Luxussanierungen und kümmert sich um Zebrastreifen.

florakiez.de: In der Kleingartenanlage Famos sind 18 Parzellen verloren gegangen, weil das Grundstück in der Brehmestraße vom Eigentümer, der Deutschen Bahn, verkauft wurde. Wie sieht es denn für den Rest aus, müssen die Kleingärtner dort auch zittern?

Jens-Holger Kirchner: Nein! Sie sind gesichert. Zweitens sind sie gesichert und drittens sind sie auch noch gesichert. Erstens: Wir haben jetzt für die restlichen Flächen einen Bebauungsplan aufgestellt, der Grünflächennutzung vorsieht. Zweitens: Die Kleingärtner verhandeln gerade selbst mit einer Stiftung und der Deutschen Bahn über den Kauf der Fläche. Drittens: Was ist die größtmögliche Sicherheit? Eigentum! Ich unterstütze diese Entwicklungen, wo immer ich kann.

Hätten das die anderen Kleingarten-Pächter nicht auch haben können?

Das ist einer der tragischen Momente in dieser Geschichte, weil genau das dem Bezirksverband der Kleingartenfreunde von der Deutschen Bahn angeboten wurde. Die strategische Chance wurde seinerzeit nicht erkannt, die in dem Kaufangebot der Deutschen Bahn steckte. Für einen Preis unter 10 Euro pro Quadratmeter!

Hat der alte Bezirksvorstand es versäumt oder das Angebot der Bahn bewusst nicht weitergeleitet?

Da streiten sich die Akteure. Ich denke, es war ein bewusster Akt. Das mache ich ihnen noch nicht mal zum Vorwurf. Das hat ja mit Kultur zu tun. Kleingärtner leben sehr aktiv die Haltung, dass der Staat wesentliche Punkte für Sie besorgen soll.

Na gut, aber der geringe Preis geht ja schon in die Richtung „Das richtet jemand für mich“.

Ja, aber da fingen die plötzlich an und sagten, das sei nicht darstellbar. Logisch. Wenn ich 37,6 Cent
pro Quadratmeter pro Jahr Pacht bezahle, ist alles Ok. Dann sind für mich, wenn auch zeitweilig, 2 oder 3 Euro pro Quadratmeter, um den Kredit abzuzahlen, so betrachtet eine Steigerung von fast tausend Prozent. Wir haben anders gerechnet. 400 Quadratmeter hat so eine Parzelle im Schnitt, mal 6 Euro, das ergibt 2.400 Euro für eine wirklich dauerhafte Sicherung. Also, worum geht es denn hier? Auch wenn es für den einen oder anderen viel Geld ist – die Kleingärtner sehen sich ja selbst als Solidargemeinschaft. Da kriegt man schon Modelle hin, wo sich alle je nach ihren finanziellen Verhältnissen entsprechend beteiligen – der eine mehr, der andere weniger. So war unsere Argumentation. Leider war das schwer vermittelbar.

Ein Teil von Famos wurde für einen Neubau abgerissen

An den betroffenen Kleingärtnern ist das vorbei gegangen?

Die haben es ja nicht gewusst. Das Angebot ging nicht an den Vorstand der Anlage, sondern an den Bezirksverband und der hat es aus den genannten Gründen abgelehnt. Die Meinungsbildung im Bezirksverband dazu ist leider noch nicht abgeschlossen. Der Besitz von Flächen für die Kleingartennutzung als die sicherste Option ist leider noch nicht angekommen. Der Vorstand der Anlage, der jetzt verhandelt, da muss man fair sein, besteht aus völlig neuen Akteuren. Die haben das erkannt.

Aber die neuen Eigentümer haben hoffentlich mehr als 6 Euro bezahlt?!

Ja, na klar! Ein Vielfaches, das ist ja Bauland.

Und wie geht es jetzt mit Famos weiter?

Es wird verhandelt. Die Deutsche Bahn will die Flächen loswerden. Hier können nur Grünflächenpreise genommen werden und das sind die schon erwähnten Preise unter 10 Euro. Ich denke, die finden eine Lösung. Stiftung und Kleingärtner verstehen sich gut. Die Kleingärtner wollen Pächter bleiben. Die Stiftung ermöglicht günstige Kredite und verpachtet die Parzellen. Das Modell wird noch an der einen oder anderen Stelle Schule machen.

Passiert in dem Zusammenhang auch etwas mit dem Nassen Dreieck?

Das soll eine Grünfläche im Rahmen des Mauergrünzuges werden.
 

Der frühere Zugang zum Nassen Dreieck

Gibt es dafür einen Zeitrahmen?

Was sagt man in Berlin? So in absehbarer Zeit… Für die Planungen ist die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung zuständig. Es soll ein Stadtgarten entstehen, ein Spielplatz, Sportflächen und so weiter. Der Mauergrünzug ist ein größeres Projekt. So soll es eine Öffnung hinter den Häusern hoch zur Wollankstraße geben. Der alte Grenzweg wird begrünt werden und durchgehen bis zum Kinderbauernhof und noch weiter. Der eigentliche Zugang zum Nassen Dreieck geht übrigens über die Verlängerung der Görschstraße. Das haben die Kleingärtner von Famos okkupiert, dabei ist das öffentliches Straßenland. Aber das werden wir sicher regeln können.


Mit Jens-Holger Kirchner sprachen Cathrin Bonhoff und Hanno Hall

Teil 3: Ärztehaus am Garbátyplatz, Krieger-Projekt, Schulen und Verkehr
Teil 1: Florakiez, Verdrängung und Neubauten 

Interview mit Baustadtrat Kirchner (Teil 1): „Das hat der Kiez nicht verdient“

Jens-Holger Kirchner

Er gilt als durchsetzungsstark, bürgernah und streitbar: Pankows Grüner Stadtrat Jens-Holger Kirchner. Als damaliger Chef des Ordnungsamtes hat er die Smileys für Restaurants eingeführt. Seit 2011 ist er Stadtrat für Stadtentwicklung und damit zuständig für fast alle Auswirkungen, die das starke Bevölkerungswachstum in Pankow mit sich bringt. Im Florakiez streitet er mit Investoren um Baugenehmigungen, verbietet Luxussanierungen und kümmert sich um Zebrastreifen.

florakiez.de:  Als Stadtrat für Stadtentwicklung sind Sie für 13 Ortsteile in Pankow zuständig. Wie vertraut ist Ihnen da der Florakiez?

Jens-Holger Kirchner: Sehr sogar. Ich nenne Ihnen ein paar Stichwörter: Durch die vielen Projekte der politischen Bildung kenne ich das Carl-von-Ossietzky-Gymnasium und die Jugendfreizeiteinrichtung sehr gut. Der Prozess zur Umnutzung und Sanierung der Alten Mälzerei ist mir noch in guter Erinnerung. Durch die damals sehr rege Betroffenen-Vertretung des Sanierungsgebietes hatte ich intensive Kontakte mit dem Kiez. Die Auseinandersetzungen um die Kleingartenanlage Famos oder die Bemühungen um mehr Verkehrsberuhigung in der Brehmestraße sind weitere Momente. Nicht zu Vergessen ist der Bau der Floragärten, die Verkehrslösung vor dem REWE-Markt oder der Garbátyplatz. Und eins muss unbedingt noch erwähnt werden. Das Café Paula hatte als einer der ersten Betriebe in Pankow einen Smiley für sehr gute Sauberkeit und Hygiene.

Gibt es auch persönliche Berührungspunkte zum Florakiez?

Nein. Persönliche, private Bezüge gibt es ja nur, wenn man dort jemanden kennt. Ich habe hier weder gewohnt, gearbeitet, noch Freunde gehabt. Insofern gibt es zur Florastraße keine Berührungspunkte mit meiner privaten Biographie. Ich komme ja aus dem Prenzlauer Berg, da war für uns das Leben. Aber Pankow? Das kam erst 2000/2001 mit der Bezirksfusion so langsam in unseren Fokus.

Sie haben lange Zeit in der Knaackstraße gewohnt, später kurz im Friedrichshain, heute leben Sie an der Weißenseer Spitze. Sind Sie eigentlich noch Mieter?

Ja! Ich persönlich brauche kein Wohneigentum. Und dennoch, es war ein großer strategischer Fehler, dass wir 1990/91 kaum Häuser gekauft haben. Das muss man mit einem Abstand von 25 Jahren schon sagen.

Wenn Sie von „wir“ reden, meinen Sie den Bezirk und das Land?

Ja, aber auch die Menschen, die aktiv waren. Wir haben zu wenig Genossenschaften gebildet. Das hatten wir überhaupt nicht auf dem Schirm. 100.000 DM für ein Haus am Kollwitzplatz…

…heute unvorstellbar! Sind Sie damals aus der Knaackstraße verdrängt worden?

Ja, ich wohnte in einem Haus, welches von einer der wenigen privaten Hausverwaltungen im Osten betreut wurde. Das Haus war gut, der Zustand miserabel. So nach und nach zogen alle aus, da war ich dann zum Schluss alleine in dem Haus. Im Winter`96, der ja so hart war, dass auch die Ostsee zugefroren war, bin ich immer unten ins benachbarte Restaurant aufs Klo gegangen und habe mir dort Wasser geholt. Es war ja alles zugefroren im Haus. Da habe ich dann irgendwann entnervt aufgegeben. Ich neige nicht dazu, mich als Opfer von Verdrängung durch Sanierung zu stilisieren. Aber ich weiß, was es bedeutet, vor einer Sanierung zu stehen und dann irgendwelche Angebote mit Staffelmietverträgen zu kriegen. Da konnte man sich ausrechnen, wo das endet. Ich hatte dann auch keine Lust auf diese Sanierung selbst. Das ist ja kein Spaß, so dass ich auch verstehen kann, wenn Leute das Weite suchen. Wer möchte schon anderthalb, zwei Jahre auf einer Baustelle wohnen?! Oder zweimal umziehen. Umso wichtiger sind heute die Mieterschutzinstrumente.

Sie haben während Ihrer Zeit in der Knaackstraße miterlebt, wie sich Prenzlauer Berg zu in einem schicken In-Bezirk entwickelt hat. Wiederholt sich die Entwicklung jetzt in Alt-Pankow?

Ja, das hat sich, wenn auch abgeschwächt, wiederholt. Das war deutlich spürbar. Mit der Entscheidung für Schönefeld als Standort für den Flughafen sind die Grundstückspreise und die Mieten in Pankow gestiegen. Es wurde plötzlich hoch interessant, in Pankow zu wohnen, immer vorausgesetzt, dass dort nicht mehr geflogen wird. Dann kam mit Verzögerung genau die Entwicklung, die in Prenzlauer Berg auch signifikant war: Sanierung und Austausch der Bevölkerung. Allerdings nicht so stark, weil das Gebiet kleiner war. Das Sanierungsgebiet Wollankstraße war ja nur ein Fünftel/ein Sechstel von dem, was in Prenzlauer Berg Sanierungsgebiet war. Und es war auch nicht so stark, weil bestimmte Parameter nicht vorhanden waren.

Die da wären?

Es gab z.B. wesentlich mehr Wohnungen in den Erdgeschossbereichen, nicht so breite Bürgersteige und damit auch nicht so viel Gastronomie. Das sieht man ja in der Florastraße ganz schön mit den Vorgärten, das hat etwas völlig Eigenes. In der Oderberger Straße in Prenzlauer Berg dagegen fanden Sie früher nur Gaststätten und Kneipen. Diese monokulturelle Nutzung gab es im Florakiez zum Beispiel nicht. Dafür ist der Kiez auch zu kuschelig. Wir registrieren aber einen deutlichen Aufwertungsdruck, der sich in den steigenden Miet- und Grundstückspreisen festmachen lässt.

Es heißt, in Prenzlauer Berg wohnen heute noch 18 Prozent der Menschen, die früher schon dort gewohnt haben. Was schätzen Sie, wie wird das in ein paar Jahren in Alt-Pankow sein?

Höher, ich schätze 20 bis 30 Prozent. Hier ist eine andere Baustruktur. Im Florakiez haben wir auch einen höheren Anteil an städtischen und Genossenschaftswohnungen. Ich glaube, der Austausch der Bevölkerung wird abgeschwächter als im Prenzlauer Berg sein. Dennoch, es gibt einen nachgewiesenen Aufwertungs- und Verdrängungsdruck im Gebiet. Deshalb haben das Bezirksamt und die BVV im Mai 2013 das Gebiet zwischen den beiden S-Bahnhöfen Wollankstraße und Pankow und zwischen Bürgerpark und Schlosspark zum sozialen Erhaltungsgebiet gemacht. Jetzt ist zum Beispiel eine Wohnungszusammenlegung oder eine Luxussanierung verboten. Dadurch wird der weiteren Aufwertung und Verdrängung eines der schärfsten Schwerter des Baurechts entgegengesetzt, um Altbewohner zu schützen.

Floragärten Ecke Gaillardstraße

Gleichzeitig wurden fast alle Baulücken geschlossen oder werden demnächst bebaut…

Was ja per se nichts Schlechtes sein muss. Aber was z.B. mit den Flora“gärten“ gebaut wurde, ist meines Erachtens viel zu dicht.
Das wirkt wie ein Fremdkörper. Ich kann auch nicht erkennen, was da „Gärten“ sein sollen, auch wenn sich mit dem Namen die Wohnungen vielleicht besser verkaufen.

Hätten Sie die Floragärten gerne verhindert?

Nein, aber vielleicht wäre es mir gelungen, eine Bebauung zu erstreiten, die dem Namen eher gerecht würde – also nicht so dicht bebaut, mehr Grün und dem Charakter des Kiezes angepasster. Aber die Diskussion ist müßig, weil die Baugenehmigung erteilt wurde und die Interessen des Investors nun manifest im Kiez stehen. Da ist ja wirklich bis zum letzten Quadratzentimeter alles ausgenutzt. Das hat der Florakiez nicht verdient. So geht man nicht mit Stadt um. Das ist übrigens ein Punkt, aus dem man nicht gelernt hat, denn mit den Schweizer Gärten am Filmtheater am Friedrichshain ist uns das schon einmal passiert. An Beispiel bei der Alten Mälzerei…

…einem umgewidmeten Brauereikomplex an der Neuen Schönholzer Straße…

…ist das besser geworden. Aber der Eigentümer ist ja der Gier nicht erlegen gewesen und hat nicht noch irgendetwas daneben gebaut, obwohl da ja noch Platz gewesen wäre.

Mit Jens-Holger Kirchner sprachen Cathrin Bonhoff und Hanno Hall

Teil 2: Kleingartenanlage Famos, Nasses Dreieck
Teil 3: Ärztehaus am Garbátyplatz, Krieger-Projekt, Schulen und Verkehr

Gedenkaktion der Lichterkette Pankow

Zum 16. Mal findet an diesem Sonntag, den 26. Januar, in Pankow die Lichterkette für ein tolerantes Miteinander und gegen Antisemitismus und Rassismus statt. Anlass ist der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. Wie inzwischen in Pankow Brauch, treffen sich alle, die mitmachen möchten, am ehemaligen Jüdischen Waisenhaus in der Berliner Straße. Jeder Teilnehmer sollte eine Kerze oder ein Teelicht mitbringen und sich wettergerecht anziehen.

Treffpunkt der Pankower Lichterkette: Das ehemalige Jüdische Waisenhaus

Gegen 18 Uhr werde wird die Veranstaltung beginnen, erklärt Mitorganisatorin Ilona Nack von der Kommission für Bürgerarbeit in Pankow. Der Bezirksbürgermeister Matthias Köhne und Mathias Wörschung von Bund Deutscher Antifaschisten sprechen ein paar Worte, danach soll die Gruppe vom Waisenhaus zur Kirche an der Breiten Straße laufen, wo um 19 Uhr ein Gedenkkonzert stattfindet.

Eine geschlossene Menschenkette lässt sich wohl nicht realisieren. „Wir sind froh, wenn etwa 100 Leute kommen,“ sagt Nack. Es habe Jahre gegeben, da seien nur 50 gekommen, in anderen seien 500 dabei gewesen. Besonders in diesem Jahr hofft Nack auf eine hohe Teilnehmerzahl, denn es sei wichtig ein Zeichen zu setzen. Denn durch die große Spendenbereitschaft der Pankower konnten Gedenktafeln für NS-Opfer am ehemaligen Jüdischen Waisenhaus angebracht werden. Am Wochenende waren diese von Unbekannten abmontiert worden. Inzwischen hängen die Tafeln wieder.

Bereits um 15 Uhr findet am Sonntag ein Rundgang zu den Stätten jüdischen Lebens in Pankow statt. Treffpunkt ist auch hier das Waisenhaus in der Berliner Straße 120.

Kein Primacom-DSL in Pankow

Die Florakiez-Bewohner kennen das Leid, keinen funktionierenden DSL-Anschluss zu besitzen. Die Lösung liegt für viele darin, sich das Breitbandinternet vom Primacom über die Fernsehbuchse liefern zu lassen. Telekomkunden hingegen werden wegen ihrer vergleichsweise niedrigen Bandbreite rund um die Florastraße gemeinhin bemitleidet. Heute aber nicht, denn die Primacom meldet für ganz Berlin eine  Internetstörung. Kunden wird empfohlen, das Modem einmal an und aus zu stellen, denn einzelne Haushalte könnten möglicherweise von diesem Blackout ausgenommen sein.
Sollten Sie betroffen sein, so gibt es mehrere Möglichkeiten, trotzdem mit der Welt in Verbindung zu bleiben, sofern Sie kein Smartphone besitzen. Die Telefonanschlüsse funktionieren noch, so könnten Sie beispielsweise telefonieren statt zu skypen. Nachrichten kann man auch ohne n-tv.de empfangen, nämlich über das Radio. Zur Not kann man die Nachrichten dennoch lesen, sogar auf einem Bildschirm. Auch moderne Fernseher verfügen über eine Taste, mit der Sie ins Videotextmenü geführt werden. Sieht zwar aus wie 1992, erfüllt aber oft trotzdem seinen Zweck.
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Lesung mit Jakob Hein im Zimmer 16

Er hat viele Erinnerungen an Pankow, sagt Jakob Hein am Telefon. Als Kind habe er hier viele Freunde gehabt, seine Mutter wurde hier begraben und sein Vater lebe hier. Der Arzt und Autor liest am Freitagabend, den 24.1. um 21 Uhr im Zimmer 16 an der Florastraße aus dem Buch „Fish’N’Chips & Spreewaldgurken“, das vor gut einem Jahr im KiWi-Verlag erschienen ist.
Darin geht es um den Dialog zwischen Mitautorin Jacinta Nandi und Hein, in dem sie ihre sehr unterschiedlichen Herkunftsorte – Ostberlin und East London, vergleichen. Welche Vorstellungen hat die taz-Koluministin („Die gute Ausländerin“) von der DDR und warum träumte Hein immerfort von ihrer englischen Heimat? Was musste es bedeuten, wenn DDR-Politiker sagten, Margaret Thatcher sei böse? Musste man ihnen nun ausnahmsweise glauben, oder nicht?
Oft stehen Nandi und Hein gemeinsam auf der Lesebühne, diesen Abend bestreitet er alleine. Ob sich die britische Weltstadt und der kleine Teil Berlins in dem wir leben, inzwischen denn angenähert hätten? „Eigentlich liegen London und Pankow noch immer auf zwei verschiedenen Planeten,“ sagt Hein zu florakiez.de, „aber im positiven Sinne.“
Zimmer 16, 24.1.2014, 21 Uhr, Eintritt: 8 Euro

Der schwarz-gelbe Zaun ist illegal

Der Zaun des Anstoßes

Der umstrittene Zaun um das Eckhaus Florastraße 79 ist illegal errichtet worden und muss möglicherweise wieder entfernt werden. Dies geht aus der Antwort des Bezirksamtes auf eine Kleine Anfrage des Pankower SPD-Bezirksverordneten Gregor Kijora hervor.

Bei der eingezäunten Fläche handele es sich zwar um Privatbesitz, aber dennoch um öffentlich gewidmetes Straßenland. Daher unterliege es dem Berliner Straßengesetz, das die Rechte des Eigentümers gegebenenfalls aushebelt, teilte Baustadtrat Jens Holger Kirchner mit. Eine Einzäunung könne nur vorgenommen werden, wenn die Fläche entwidmet werde.

Da kein entsprechender Antrag gestellt worden sei, stelle der Bau des Zauns einen unberechtigten Eingriff in das öffentliche Straßenland dar und sei damit eine Ordnungswidrigkeit, so Kirchner weiter. Eine Entwidmung von Straßenland ist ein kompliziertes Verfahren, bei dem unter anderem geprüft wird, ob öffentliche Interessen tangiert werden. Laut Kirchner sind sowohl stadtplanerische und straßenverkehrsrechtliche Aspekte als auch Leitungs- und Erschließungsaufgaben entscheidend. Ob der Zaun jetzt zurückgebaut werden muss oder es zu einem Kompromiss mit der Behörde kommt, ist noch unklar.

Schutz vor Einbrechern

Im Gespräch mit Florakiez.de hatte der Hausverwalter noch versichert, der Zaun sei bereits vor Jahren genehmigt worden. Gebaut werde der Zaun aus Sicherheitsgründen, weil erst kürzlich ein Keller aufgebrochen worden sei, Kinderwagen fehlten, Fahrräder verschwänden und immer wieder Unbefugte in das Haus kämen. Überhaupt habe es in der Florastraße in den letzten Monaten vermehrt Einbrüche gegeben. Die Flächen hinter dem Zaun sollten künftig von den Gewerbemietern im Erdgeschoss genutzt werden. Das Anlegen von Vorgärten sei nicht vorgesehen

Der Zaun sorgt seit kurz vor Weihnachten für Aufregung. Die beinahe mannshohe Komposition aus massiven gelben Pfosten und schwarzem Schmiedeeisen hat es sogar zu einer eigenen Facebook-Seite gebracht. Als Zeichen des Widerstands werden immer wieder „Liebesschlösser“ und Schilder an dem neuen Bauwerk angebracht. Für die Unmutsäußerungen hat die Hausverwaltung kein Verständnis. „Die Bemühungen laufen ins Leere“, so der Verwalter. „Es gibt wichtigere Dinge in unserer Gesellschaft, gegen die man protestieren könnte.“

Die Sammlung der Verwaltung

Aufwertung geplant

Die Immobilie und die direkt anschließende Brachfläche in der Neuen Schönholzer Straße gehören laut Verwaltung seit über zehn Jahren einem italienischen Geschäftsmann, der in Deutschland lebt und arbeitet. Das Haus mit 32 Wohnungen und Gewerbeeinheiten werde immer gut in Schuss gehalten und fast die gesamten Mieteinnahmen wieder investiert.

So stehe in diesem Jahr der Anbau von Fahrstühlen und Balkonen im hinteren Bereich auf dem Plan. Maßnahmen, die den Komfort steigern, aber im Fall der Fahrstühle auch zu steigenden Nebenkosten führen. Das sorgt genau wie die regelmäßig erfolgenden Mieterhöhungen nicht bei allen Bewohnern für Begeisterung. Wie im gesamten Kiez gibt es auch unter den Mietern im Haus die Angst vor Aufwertung und Verdrängung.

Denn frei werdende Wohnungen werden nach Angaben des Verwalters aufwändig renoviert und unter anderem mit Parkett ausgelegt. Bei Neuvermietungen liegt die Kaltmiete dann bei ungefähr 10 Euro pro Quadratmeter. Auf dem leeren Grundstück soll „in näherer Zukunft“ ein Mietshaus mit Tiefgarage entstehen.

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Kiezgesicht: Julia Dimitroff

Hier stellen wir in loser Folge bekannte Gesichter aus dem Florakiez in Pankow vor. Menschen, die jeder von uns schon gesehen hat und die zu unserer Gegend gehören wie der M27er-Bus. Diese Woche hat Julia Dimitroff auf unsere Fragen geantwortet. Sie baut und repariert in der Neuen Schönholzer Straße Streichinstrumente.

Arbeitet mit Holz: Julia Dimitroff                                     Foto: Stefanie Schramm

Funktion:
„Die Geigenbaukunst ist doch die schönste Kunst. Sie schafft einen Klang, der einen anderen Klang sucht inwendig in einem Menschen.“ Diesen Satz hat ein Kollege von mir vor gut 300 Jahren in sein Tagebuch geschrieben. Musik berührt die Seele, bringt Freude. Ich kann mir keine schönere Arbeit vorstellen, als Geigen bauen. Vielleicht bleiben Menschen auch deshalb gerne vor meinem Fenster stehen und schauen mir bei der Arbeit zu, weil sie merken, dass es mir Freude macht. Außerdem sehen Sie, dass hier ein Mensch sitzt und mit Holz arbeitet, das wirkt dann ein wenig wie aus einer anderen Zeit.

Seit wann im Kiez:
An der Neuen Schönhölzer Straße bin ich seit acht Jahren, aber in Pankow schon seit 1986.

Mag am Kiez:
Hier wohnen viele kulturbegeisterte Leute. Das ist spürbar.

Ist genervt von…
Vom Slogan „Arm, aber sexy!“. Denn was Wowereit mit „sexy“ meint, das ist die Kultur in Berlin, aber dafür wird einfach nichts mehr gezahlt. So ist beispielsweise die Lage der Musiklehrer in Berlin schlimm und das bisschen Geld, das für Instrumente da ist, wird von Leute verwaltet, die keine Ahnung von diesen Dingen haben. Dabei wäre eine bessere finanzielle Ausstattung für Instrumente an Musikschulen wirklich wichtig.

An dem Tag, an dem Tegel schließt, …
… mache ich ein Open-Air Konzert mit meinen Instrumenten. Im Bürgerpark!

Wenn nicht im Florakiez, dann möchte ich am liebsten leben in…
… einem Haus am See.

Wünscht sich…
… mehr Respekt und Anerkennung für Kunst- und Kulturschaffende.