Die Blaupause für das neue Bad in Pankow

Von | 20. April 2015

Die Kassiererin mit dem herben Charme könnte auch in Berlin an der Kasse der Bäderbetriebe sitzen. Aber schon der Rest des großzügigen Foyers mit den bunten Gemälden an der Galerie über dem Kassentresen erinnert in nichts an eines der Berliner Bäder. Und was dahinter kommt, hat mit einem gewöhnlichen Berliner Sportbad ebenso wenig zu tun wie mit einem reinen Spaßbad, wie man es oft in Brandenburg findet. Das Westfalenbad in Hagen – von Bäderbetrieben und Politik zur Blaupause für das Bad in Pankow erklärt – bietet mehr. Florakiez war gucken.

Drei Bäder in einem

Wer einfach nur schwimmen will, kann dies für 2,80 Euro als Frühschwimmer ab 6.30 Uhr im großen Sportbad mit 50 Meter-Bahn, Lehrschwimm- und separatem Sprungbecken tun. Wer das komplette Wohlfühlpaket möchte, holt sich am Wochenende für 21,50 Euro die Tageskarte und kann schwimmen, saunieren, rutschen, im Whirlpool liegen oder durch das Soleaußenbecken wandeln. Drei Stunden Freizeitbereich inklusive Sportbad und Sole kosten für einen Erwachsenen 7,50 Euro. Womit auch schon ein Hauptmerkmal des Erfolgsrezepts des Westfalenbads sichtbar wird. Es ist ungeheuer flexibel.

Die Frühschwimmer kommen im Wortsinn auf ihre Kosten, die spaßsuchende Familie und der ruhesuchende Wellnessjünger ebenso. Die Bereiche sind mit Drehkreuzen klar getrennt, die gestaffelten Eintrittskarten sind dabei abwärtskompatibel. Im Wellness-Ticket steckt alles drin, mit dem Spaßbadticket kommt man immerhin auch ins Sportbecken, mit dem einfachen Schwimmticket ist man auch wirklich aufs Schwimmen beschränkt, was vielen Sportlern aber völlig reicht.

Reifenrutsche und Ruhezonen

In der großen lichtdurchfluteten Halle drängeln sich aufgeregte laute Kinder an der Reifenrutsche. Wer unerfahren ist, dreht sich in der langen dunklen Röhre schon mal mit dem Reifen um die eigene Achse – fühlt sich an wie ein abwärtschießender Kreisel. Im lauwarmen und flachen Becken daneben versuchen sich derweil einige Jugendliche an einer Kletterwand, die im Becken aufragt. Einige Meter weiter lassen sich Familien im Strömungskanal treiben. Gerade bei großem Andrang ist es hier…lebendig. Wer Ruhe sucht, findet sie nur wenige Meter weiter. Räumlich klar getrennt gibt es ein Kleinkinderbecken mit wasserspuckender Schlange, einem angedeuteten Piratenschiff und einer kleinen Rutsche. Hier bemerkt man vom Lärm der Hauptbecken nichts, ebenso wie im Soleaußenbecken und dem Sauna-Bereich in der ersten Etage. Deutlicher unaufgeregter geht es auch im Sportbecken zu. Anders als in vielen Spaßbädern handelt es sich dabei nicht um ein besseres Planschbecken, sondern um eine ausgewachsene 50m-Bahn, die auch von Schulen und Vereinen genutzt wird. Wer größere Kinder hat und in Ruhe ein paar Bahnen ziehen möchte, kann seinen Nachwuchs im Lehrschwimmbecken direkt nebem dem großen Sportbad parken. Alternativ gibt es zwischen Sport- und Freizeitbereich ein separates Becken mit Einmeter- und Dreimeter-Sprungbrett.

Vorbild für Pankow

Bei der Vorstellung des neuen Bads in Pankow haben sich Politik und Bäderchef auf das Modell Westfalenbad bezogen. In welchem Umfang dieses dann  so wie in Hagen umgesetzt wird, bleibt abzuwarten. Zumindestens die Dimensionen sind vergleichbar. In Berlin sollen 30 Millionen Euro bereit gestellt werden, in Hagen wurden 25,5 Millionen Euro verbaut. Der Bäderchef träumt von 450.000 Besuchern im Jahr, in etwa das, was das erfolgreiche Bad in Hagen erreicht. Durch das neue Bad ist es in Hagen sogar gelungen, das Defizit des dortigen städtischen Betreibers deutlich zu drücken. Allerdings wurden in Hagen im Gegenzug für das neue Bad auch vier von sieben bestehenden Bädern geschlossen. Auch der scheidende Chef der Berliner Bäderbetriebe, Bested Hensing, hatte in seinem ursprünglichen Bäderkonzept neben modernen Neubauten geplant, ältere und besonders unrentable Bäder zu schließen. Da wollte die Berliner Politik aber nicht mitgehen.

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