Interview mit Baustadtrat Kirchner (Teil 2): „Die größtmögliche Sicherheit ist Eigentum!“

Von | 25. Januar 2014
Brehmestraße

Er gilt als durchsetzungsstark, bürgernah und streitbar: Pankows Grüner Stadtrat Jens-Holger Kirchner. Als damaliger Chef des Ordnungsamtes hat er die Smileys für Restaurants eingeführt. Seit 2011 ist er Stadtrat für Stadtentwicklung und damit zuständig für fast alle Auswirkungen, die das starke Bevölkerungswachstum in Pankow mit sich bringt. Im Florakiez streitet er mit Investoren um Baugenehmigungen, verbietet Luxussanierungen und kümmert sich um Zebrastreifen.

florakiez.de: In der Kleingartenanlage Famos sind 18 Parzellen verloren gegangen, weil das Grundstück in der Brehmestraße vom Eigentümer, der Deutschen Bahn, verkauft wurde. Wie sieht es denn für den Rest aus, müssen die Kleingärtner dort auch zittern?

Jens-Holger Kirchner: Nein! Sie sind gesichert. Zweitens sind sie gesichert und drittens sind sie auch noch gesichert. Erstens: Wir haben jetzt für die restlichen Flächen einen Bebauungsplan aufgestellt, der Grünflächennutzung vorsieht. Zweitens: Die Kleingärtner verhandeln gerade selbst mit einer Stiftung und der Deutschen Bahn über den Kauf der Fläche. Drittens: Was ist die größtmögliche Sicherheit? Eigentum! Ich unterstütze diese Entwicklungen, wo immer ich kann.

Hätten das die anderen Kleingarten-Pächter nicht auch haben können?

Das ist einer der tragischen Momente in dieser Geschichte, weil genau das dem Bezirksverband der Kleingartenfreunde von der Deutschen Bahn angeboten wurde. Die strategische Chance wurde seinerzeit nicht erkannt, die in dem Kaufangebot der Deutschen Bahn steckte. Für einen Preis unter 10 Euro pro Quadratmeter!

Hat der alte Bezirksvorstand es versäumt oder das Angebot der Bahn bewusst nicht weitergeleitet?

Da streiten sich die Akteure. Ich denke, es war ein bewusster Akt. Das mache ich ihnen noch nicht mal zum Vorwurf. Das hat ja mit Kultur zu tun. Kleingärtner leben sehr aktiv die Haltung, dass der Staat wesentliche Punkte für Sie besorgen soll.

Na gut, aber der geringe Preis geht ja schon in die Richtung „Das richtet jemand für mich“.

Ja, aber da fingen die plötzlich an und sagten, das sei nicht darstellbar. Logisch. Wenn ich 37,6 Cent
pro Quadratmeter pro Jahr Pacht bezahle, ist alles Ok. Dann sind für mich, wenn auch zeitweilig, 2 oder 3 Euro pro Quadratmeter, um den Kredit abzuzahlen, so betrachtet eine Steigerung von fast tausend Prozent. Wir haben anders gerechnet. 400 Quadratmeter hat so eine Parzelle im Schnitt, mal 6 Euro, das ergibt 2.400 Euro für eine wirklich dauerhafte Sicherung. Also, worum geht es denn hier? Auch wenn es für den einen oder anderen viel Geld ist – die Kleingärtner sehen sich ja selbst als Solidargemeinschaft. Da kriegt man schon Modelle hin, wo sich alle je nach ihren finanziellen Verhältnissen entsprechend beteiligen – der eine mehr, der andere weniger. So war unsere Argumentation. Leider war das schwer vermittelbar.

Ein Teil von Famos wurde für einen Neubau abgerissen

An den betroffenen Kleingärtnern ist das vorbei gegangen?

Die haben es ja nicht gewusst. Das Angebot ging nicht an den Vorstand der Anlage, sondern an den Bezirksverband und der hat es aus den genannten Gründen abgelehnt. Die Meinungsbildung im Bezirksverband dazu ist leider noch nicht abgeschlossen. Der Besitz von Flächen für die Kleingartennutzung als die sicherste Option ist leider noch nicht angekommen. Der Vorstand der Anlage, der jetzt verhandelt, da muss man fair sein, besteht aus völlig neuen Akteuren. Die haben das erkannt.

Aber die neuen Eigentümer haben hoffentlich mehr als 6 Euro bezahlt?!

Ja, na klar! Ein Vielfaches, das ist ja Bauland.

Und wie geht es jetzt mit Famos weiter?

Es wird verhandelt. Die Deutsche Bahn will die Flächen loswerden. Hier können nur Grünflächenpreise genommen werden und das sind die schon erwähnten Preise unter 10 Euro. Ich denke, die finden eine Lösung. Stiftung und Kleingärtner verstehen sich gut. Die Kleingärtner wollen Pächter bleiben. Die Stiftung ermöglicht günstige Kredite und verpachtet die Parzellen. Das Modell wird noch an der einen oder anderen Stelle Schule machen.

Passiert in dem Zusammenhang auch etwas mit dem Nassen Dreieck?

Das soll eine Grünfläche im Rahmen des Mauergrünzuges werden.
 

Der frühere Zugang zum Nassen Dreieck

Gibt es dafür einen Zeitrahmen?

Was sagt man in Berlin? So in absehbarer Zeit… Für die Planungen ist die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung zuständig. Es soll ein Stadtgarten entstehen, ein Spielplatz, Sportflächen und so weiter. Der Mauergrünzug ist ein größeres Projekt. So soll es eine Öffnung hinter den Häusern hoch zur Wollankstraße geben. Der alte Grenzweg wird begrünt werden und durchgehen bis zum Kinderbauernhof und noch weiter. Der eigentliche Zugang zum Nassen Dreieck geht übrigens über die Verlängerung der Görschstraße. Das haben die Kleingärtner von Famos okkupiert, dabei ist das öffentliches Straßenland. Aber das werden wir sicher regeln können.


Mit Jens-Holger Kirchner sprachen Cathrin Bonhoff und Hanno Hall

Teil 3: Ärztehaus am Garbátyplatz, Krieger-Projekt, Schulen und Verkehr
Teil 1: Florakiez, Verdrängung und Neubauten