Das Haus Florastrasse 66 in Berlin-Pankow ist heute architektonisch eher unauffällig. Es ist etwas niedriger als seine beiden Nachbarhäuser, die rechts und links angrenzen. Es hat auch im Gegensatz zu vielen Häusern aus der Gründerzeit eine eher eine schlichte, einfach gegliederte Rauputz-Fassade. Das war nicht immer so. Ein historisches Foto von 1962 zeigt, dass das Haus früher mit Stuckelementen versehen war und auch die Balkone mit geschwungenen schmiedeeisernen Gittern dekorative Elemente hatten. Die heutige Fassade wird durch die Fenster und sechs pragmatische rechteckige Balkone gegliedert. Ein relativ flaches Dach liegt über der niedrigen bisher noch nicht ausgebauten Dachbodenetage mit kleinen quadratischen Fensteröffnungen.
Vermutlich war das Haus schon immer ein reines Wohnhaus ohne Gewerbeeinheiten und Ladengeschäften mit Schaufenstern im Erdgeschoss. Ganz sicher bin ich nicht, denn auf dem Foto sind zwischen den Fenstern des Erdgeschosses tafelartige Stuckelemente zu sehen, die auch auf Gewerbewerbung hinweisen könnten.
Der Außenputz ist in einer zurückhaltenden Farbigkeit in verschiedenen Grüntönen renoviert und bildet besonders im Herbst, wenn das Laub der beiden Straßenbäume davor golden leuchtet, einen schönen Kontrast. Lediglich an den beiden wunderschönen Türen, der schmalen Eingangstür und dem zweiflügeligen Durchgangstor, sind heute noch Jugendstilelemente zu finden. Selbst die Glasscheiben der Türen wurden aufwändig restauriert.
Wie jedes Haus in der Strasse, hat auch die Nummer 66 eine interessante Geschichte. Im Gegensatz zu anderen Häusern, besitzt und verwaltet dieses Haus eine Privatperson. Der Eigentümer, Herr Ritter, in den 1940ern geboren, hat es von seinem Großvater geerbt. Der betrieb zu DDR-Zeiten „die Obsthalle“, einen privaten Obst- und Gemüseladen in Berlin Buch, bei dem sogar die sehr begehrten Südfrüchte erhältlich waren. Er bewahrte das Haus während der DDR-Zeit vor dem Verfall und sanierte das Vorderhaus zudem mit den immer raren Baumaterialien. Wie viele andere Häuser in 70ern, verfiel das Hinterhaus zusehends. Paradoxerweise waren dort kurz vor dem Mauerfall Handwerker und Büroräume der KWV (Kommunale Wohnungsverwaltung der DDR) untergebracht. Von hier aus sollten die kommunalen Häuser in der Florastrasse saniert werden.
Herr Ritter wohnte zu dieser Zeit selbst in Westdeutschland. Als er sein Haus nach dem Mauerfall endlich in Augenschein nahm, sah es wie folgt aus: „Das Vorderhaus war noch bewohnt, das Hinterhaus aber war wegen Unbewohnbarkeit geräumt, das Dach löchrig, die Zwischendecken zum Teil eingebrochen.“
Bis zum heutigen Tag wurde das ganze Gebäude Stück für Stück saniert. Die Eigentümer und Vermieter kennen jeden Mieter und jede Mieterin und ihre Geschichten. Sie sind sehr daran interessiert, dass alle gut miteinander auskommen. Das Hinterhaus wurde aufwändig wieder instandgesetzt und ein Innenhof mit Bepflanzung gestaltet. Jede Menge Aktenordner und Verwaltungsmaterial in der Wohnung von Familie Ritter künden davon, dass hier das Haus noch persönlich verwaltet wird. Herr Ritter und seine Frau erzählen mir, wie sich um die Probleme der Mieter direkt gekümmert wird, darauf, auf eine Hausverwaltung zu verzichten, sind sie sehr stolz.
Nach wie vor pendeln die Hauseigentümer, die ihren Ruhestand genießen, zwischen ihrer Heimat und ihrem Haus in der Florastrasse. Wenn sie dann nach Berlin kommen, verbinden sie die Reise mit Ausflügen in der Stadt und genießen dabei besonders Kunst und Kultur. Als ich ihnen das gezeichnete Originalporträt ihres Hauses überreichte, waren sie gerade auf dem Sprung zur Revue im Berliner Friedrichstadtpalast.
Sehr interessant und gut geschrieben, gelungene Zeichnung- es war eine Freude dies zu lesen, Dankeschön!
Vielen Dank, Herr Badel.
Schön, dass wieder Leben in den Florakiez-Blog einkehrt.
Nach dem 20. Juni mal wieder ein Lebenszeichen. Allerdings vom Künstler Badel. Die Redakteure sind offenbar in der Winterstarre.
Es ist schon etwas seltsam, dass hier plötzlich keine Berichte über und von den Florakiez mehr erscheinen. Keine Erklärung, nichts. Das ist sehr bedauerlich.
In Pankow kann man jetzt erleben, was schweigende Mehrheit bedeutet. Hier im Blog und anderswo. Das BÜNDNIS PANKOW SOLIDARISCH findet man jeden Montag vor dem Rathaus. Wir schweigen nicht! Politische Verhältnisse, Gesundheitspolitik, alles kann man kritisieren, aber wer hier von Faschismus, Diktatur usw. redet und gemeinsame Sache mit Leuten macht, die sich einen Judenstern mit der Inschrift „ungeimpft“ anheften, darf sich nicht wundern, dann auch mit Rechtsextremen in einem Atemzug genannt zu werden.
Boosterchen!
Herr Badels Beitrag wurde nicht mal auf der Facebook-Seite weiter geteilt, da steht seit dem 20. Juni nichts Neues mehr. Seitdem der Flughafen geschlossen hat, gibt es scheinbar keine interessanten Nachrichten mehr im Florakiez. Am Himmel ist jetzt immer noch mehr los als auf diesem Block.