Sanierungsgebiet Wollankstraße – zu viel bezahlt?

Von | 3. Januar 2014

Haus- und Wohnungseigentümer im Florakiez, die den Ausgleichsbetrag für die Sanierung vorzeitig bezahlt haben, sollten noch einmal genau nachrechnen. Denn es kann sein, dass die Summe einige tausend Euro zu hoch war.

Das lässt zumindest die Erfahrung von Christian Strahl vermuten, der Eigentümer einer Wohnung und eines Büros im ehemaligen Sanierungsgebiet Bötzowviertel ist. Der Rechtsanwalt hatte 2008 das Angebot der Sanierungsverwaltungsstelle angenommen und die Ausgleichsabgabe in Höhe von rund 6.600 Euro vorzeitig abgeführt. Und das im guten Glauben, dass sich die Abgabe dadurch reduziert. So war es im Schreiben der Behörde in Aussicht gestellt worden.

Das Sanierungsgebiet Wollankstraße

Im Frühjahr 2013 musste Strahl dann feststellen, dass seine Nachbarn, die nicht vorzeitig abgelöst hatten, über 40 Prozent weniger zahlen sollten als er. Als er das Stadtentwicklungsamt mit den Werten konfrontierte, erhielt er schnell und unbürokratisch rund 2.700 Euro zurück.

Strahl ließ nicht locker und machte in der Einwohnerfragestunde der Bezirksverordnetenversammlung im Dezember den Versuch, Licht ins Dunkel zu bringen. Die Antworten des Bezirksamtes legen den Verdacht nah, dass der ein oder anderer Euro zu viel bezahlt worden sein könnte. Denn auf die Fragen, wie viele Eigentümer in den Pankower Sanierungsgebieten die Ausgleichsbeträge vorzeitig abgelöst haben, welcher Gesamtbetrag dadurch eingenommen wurde und bei welchen Grundstücken die Ablösebeträge zu hoch ausgefallen sind, lauteten die Antworten von Baustadtrat Kirchner kurz und knapp: Das sei „nicht bekannt“, darüber gebe es „keine Statistik“ und „keine Erkenntnisse“. Und überhaupt sei Herr Strahl die Ausnahme, die die Regel bestätige.

Strahl selbst sieht das ganz anders. Sein Fall sei jedenfalls im Bötzowviertel keineswegs besonders und die Aussagen des Stadtrats deswegen nicht nachvollziehbar. Strahl rät Betroffenen, sich in der Nachbarschaft umzuhören und die fälligen Beträge zu vergleichen.
   
Zur Erklärung: Ein Teil des Kiezes um die Florastraße gehörte bis 2011 zum Sanierungsgebiet Wollankstraße. In den 16 Jahren zuvor wurden fast 80 Millionen Euro öffentliche Mittel investiert. Das Geld ist in die Förderung der Sanierung von Wohnungen, neue Grünflächen, Kitas, Straßen und Spielplätze geflossen. Durch die Sanierung haben Häuser, Wohnungen und Grundstücke an Wert gewonnen. Von diesem Zuwachs schöpft der Bezirk einen guten Teil in Form der Ausgleichsabgabe ab. Eigentümer von Wohnungen, Häusern oder Grundstücken bekommen entsprechende Bescheide und müssen dann erhebliche Beträge abführen. Für ein Mietshaus im Florakiez können so 70.000 Euro und mehr fällig werden.

Die Sanierung im Florakiez gilt als Erfolgsmodell. Die Gegend ist deutlich lebenswerter geworden, gleichzeitig sind die Verdrängungseffekte durch die Sanierung hier laut einer Sozialstudie nicht so ausgeprägt wie in anderen Vierteln.

Hanno Hall

Lebt seit 1997 in Berlin und seit 2010 im Kiez. Verantwortet ntv.de und die ntv Apps. Interessiert sich für Baustellen, Flughäfen und Politik. Geht zu Fuß, fährt Rad, BVG und Auto.