Wahlsonntag

Von | 22. September 2013
Der Wink mit dem Bauzaun

Heute wird in Deutschland der nächste Bundestag gewählt. Wer nach Zeichen dafür suchen möchte, dass der Einfluss der Kirche trotz Kirchensteuer, gesetzlicher Ladenöffnungszeiten und starker christlicher Volksparteien nicht immens groß ist, dem sei dieser Tag als Beispiel gegeben. In den Niederlanden wird bis heute noch an Wochentagen gewählt, da eine gläubigen Christen eine Anreise zum Wahllokal am Tag des Herrn nicht zugemutet werden konnte.

Andreas Otto

Der Weg zur Urne ist für die meisten Bewohner im Florakiez zum Glück nicht besonders beschwerlich.  Im Carl-von-Ossietzky-Gymnasium an der Görschstraße sind gleich drei Wahllokale untergebracht: Die Nummer 315, 316 und 317. Am Nachmittag regnet es nicht, was für Wahlen ja genauso wichtig sein soll wie für das Rasentennisturnier in Wimbledon. Bekannte und Nachbarn treffen sich auf der Straße, unter den liebevoll, milden Blicken von Stefan Liebich (Die Linke) und Andreas Otto (Die Grünen). Klaus Mindrup (SPD) schaut etwas strenger, alle überstrahlt Lars Zimmermann von der CDU, aber der hat auch den Segen von Rudi Marek Dutschke und muss deswegen ein besonders glücklicher Zeitgenosse sein.

Hier wird es Ernst: Fotos bitte nur draußen schießen

Vor den Fenster der Klassenräume, die als Wahllokal dienen, hängen Deutschland- und Berlin-Fahnen und sorgen für eine kuschelige Atmosphäre. Im Lokal 317 ist die Stimmung gut, die Helfer sind freundlich, loben die Bewohner des Florakiez für ihren Wahleifer. Sie kontrollieren Wahlbenachrichtigungen und Ausweise, teilen Stimmzettel und Süßigkeiten aus großen Haribo-Töpfen aus und weisen darauf hin, dass Kinder nicht mit in die Wahlkabine dürfen.
Wer jemals mit einem Wahlcomputer hantiert hat, weiß, dass ein grauer Zettel aus Recyclingpapier eine beruhigende Konstante bietet. Kreuz drauf, einwerfen, und wieder raus. Welcher Politiker hier in diesem Bezirk besonders erfolgreich war, weiß man noch nicht. Aber Wahlmuffel sind die Bewohner des Florakiez nicht.

Natalie Tenberg

I get locked down, but I get up again.