Drei Tage lang diskutieren Menschen aus aller Welt bei den mehr als 200 Veranstaltungen der re:publica 2014 über alles, was mit dem Internet zu tun hat. In der Station in Kreuzberg, einem großen Areal gleich am Gleisdreieck, standen am Dienstag und Mittwoch bei wunderschönem Sonnenschein all die im Hof, die vor allem mit anderen sprechen und sich austauschen wollten. Auf den vielen Hockern und Bänken saßen lauter Leute, die an ihren Macbooks arbeiteten. In jeder Ecke wurde gefilmt, mal für ein Interview, mal für einen Einspieler. Insgesamt wirkten die meisten der etwa 8000 Besucher weniger nerdig als angenommen, mehr Männer waren gekommen als Frauen und fast jeder lief mit seinem Smartphone in der Hand herum.
Neben den großen Themen Netzneutralität und Datenschutz ging es auch um Bezahlmodelle für Content und den hyperlokalen Journalismus. Motto der Veranstaltung in diesem Jahr war immerhin „Into the Wild.“ Ist also das Wild Wild Web ein Ort, in dem ein kleines, ehrenamtliches Kiezblog überleben kann? Oder muss jeder, der im Internet journalistisch arbeitet, versuchen, damit Geld zu verdienen? Für das Panel „Into the Kiez“ am Dienstag hatte Moderator Ole Reißmann, Netzwelt-Redakteur bei Spiegel-Online, vier Journalisten eingeladen, die über ihre Erfahrung im Lokalen sprechen sollten: Annika Stenzel von der taz nord, Isabella David von HH-Mittendrin, Juliane Wiedemeier von den Prenzlauer Berg Nachrichten und auch mich als Redakteurin von florakiez.de. Etwa 300 Zuschauer und mindestens 450 Handys und andere twitterfähige Geräte waren dabei.
Rasch wurde klar, dass wir alle verschiedene Ansätze haben, wenn es um unsere Arbeit geht. Isabella David hat die Vision eines schnellen, politischen Blogs, bei dem mehrere Redakteure in einem Newsroom zusammenkommen. Sie werden von den Lesern und dem bezahlt, was die Werbebanner einbringen. Bei den Prenzlauer Berg Nachrichten wird auch geworben, allerdings ist der Output mit höchstens einem Artikel am Tag begrenzt. Wir von florakiez.de haben in unserem kleinen Einzugsgebiet kein Modell gesehen, mit dem wir Geld verdienen könnten, und streben deswegen auch nicht danach. Das Blog ist für uns ein Ehrenamt, das wir neben der täglichen Arbeit ausüben. Mit einem neuen Artikel etwa alle zwei Tage, der dann meistens auch einen wirklich kleinen Straßenzug bedient, gehören wir zu den kleinen Blogs. Nimmt man mit der Besetzung solch einer Nische, anderen Journalisten bezahlte Arbeit weg? Ist das überhaupt noch Journalismus? Wir haben uns nach einer Diskussion auf ein „nein“ zur ersten und ein „ja“ zur zweiten Frage geeinigt.
Die ganze einstündige Veranstaltung und das twitter-Echo darauf kann hier eingesehen werden.
Interessanter Talk; hat einem ein wenig die Augen geöffnet, dass Lokaljournalismus auch im Netz funktioniert – und Spaß machen kann (mein rp14-Rückblick: http://www.bit.ly/republica_2014)