Am Freitag feierte der Florahof die Vollendung des Rohbaus. Das Haus mit 20 Wohnungen wird von Kondor Wessels errichtet und schließt an den Altbau in der Görschstraße an, der zu der künftigen Privatstraße „In den Floragärten“ zeigt. Der grüne Richtkranz mit bunten Bändern baumelte am Nachmittag über dem Dach, weiß gedeckte Tische standen vor der Baustelle, es wurde Sekt getrunken und Häppchen gab es auch. Weshalb dieser Bauabschnitt ein zünftiges Richtfest mit seinen Handwerkern feiert und die anderen Floragärten-Abschnitte nicht? Für dieses Gebäude existiert im Gegensatz zu den anderen im gleichen Komplex ein Auftraggeber, nämlich das Beginenwerk.
Die Idee des Vereins ist, Wohneigentum zu schaffen, das nur von Frauen gekauft werden darf. Deshalb wird der Florahof im Kiez mitunter auch spöttisch als „Frauenhaus“ bezeichnet. Auf Dauer soll so ein soziales Netz entstehen, in dem die Bewohnerinnen einander im Alter unterstützen können. Zwei Beginenhäuser gibt es bereits in Berlin, eins am Erkelenzdamm in Kreuzberg, das andere an der Müggelstraße im Friedrichshain. Weil deutlich mehr Anfragen nach Wohnungen kamen als bei den anderen Projekten gebaut wurden, ging das Beginenwerk mit dem Florahof das dritte Projekt in Pankow an. „Wir haben uns gegen die Form einer Baugemeinschaft und für einen Träger entschieden,“ sagt Petra Kaul, die das Projekt für das Beginenwerk organisiert. „Die Käuferinnen sind im Durchschnitt etwas älter, dadurch wird die Finanzierung schwieriger“, sagt sie. Bei einer Baugemeinschaft kann es immer zu Kostensteigerungen kommen, wodurch die beteiligten Frauen in Finanzierungsprobleme geraten könnten. Kaul organisiert die Bewohnerinnen, begleitet die Gruppe von Frauen, von denen bisher keine in Pankow lebt. Nur die Hälfte von ihnen kommt überhaupt aus Berlin, die anderen ziehen erst in die Stadt.
Endlich für die Enkel da sein
So auch Janna Ast. Die zierliche Seniorin hadert gerade mit der Entscheidung, den Chiemgau zu verlassen, in dem sie seit 60 Jahren lebt. „Der Gedanke ans Abschiednehmen ist schmerzlich,“ sagt sie, als sie am Tag des Richtfests durch den fertigen Rohbau läuft. Der Beton ist noch unverputzt, hier und da haben Handwerker Hinweise an die Wand geschrieben. „Herd“ wegen eines Stromanschlusses oder die Wohnungsnummer in neonpinken Zeichen. Als Treppengeländer müssen provisorisch zusammengezimmerte Holzlatten herhalten. Es riecht nach Schutt und noch liegt kein Estrich in den Wohnungen. Warum Ast trotzdem in die Hauptstadt zieht? „Seit über 20 Jahren habe ich eine Verbindung zu Berlin“, erklärt sie. Ihre Töchter und Enkel leben in Berlin, die möchte sie gerne aufwachsen sehen.
„Ich bin unverhofft an die Möglichkeit gekommen, Wohneigentum zu kaufen“, sagt Christiane Bornstedt über ihre Motivation, beim Florahof mitzumachen. Sie trägt zum Richtfest einen Salwaar Kamez, das indische Pendant zum Smart Casual. Die Noch-Neuköllnerin wollte nicht mehr in einem Mietshaus wohnen, in das mal der eine, dann der andere einzieht, sondern vor allem in Hinblick auf das Später in einer Gemeinschaft leben. Deswegen hat sie sich bei Beginenwerk schon für die anderen Projekte interessiert, beim Florahof war sie von Minute eins an mit dabei. Wegen ihrer energischen Art haben die Frauen sie gewählt, um die Gruppe gegenüber dem Bauträger zu vertreten. Denn mitunter gäbe es ein Kuddelmuddel, wenn so viele Menschen zusammen kommen. Sie freut sich auf das, was sie „Abenteuer Gemeinschaft“ nennt. Und Gemeinschaft, das ist für sie nicht nur das Haus, auch die Nachbarschaft, in die sie sich einfügen und für die sie sich engagieren möchte.
Ein Dach für alle
Bislang sind 14 der 20 Zwei-Zimmer-Wohnungen verkauft. Im Durchschnitt sind sie nur 55 Quadratmeter groß. Bei der Grundrissgestaltung achtete Architektin Anne Lampen darauf, jeden Quadratmeter auszunutzen. „Die Zielsetzung ist es, kompakt und gleichmäßig zu bauen. Auch wichtig ist, dass alle einen Balkon haben.“ Es wird einen Gemeinschaftsraum geben, einen kleinen Gemeinschaftsgarten und eine Dachterrasse, die für alle zugänglich sein wird. Auch die Kosten für ein Gästeappartment teilen sich die Bewohnerinnen. All das treibt zwar die Kosten für die einzelenen Wohnungen in die Höhe, soll aber das Miteinander fördern.
Architektonisch setzt sich das Haus jetzt schon von den anderen Floragarten-Gebäuden ab. Mehr Glas, Balkone, die weiter herausragen und dunklere Fenster als bei den Nachbarn sorgen dafür, dass das Haus seine eigene Handschrift trägt. Das wird sich mit dem Einzug der Bewohnerinnen und ihrer herausgestellten Gemeinschaft sicher noch verstärken.