Ein ruhiger Typ ist er, freundlich, zurückhaltend. Seit einigen Jahren betreibt er in der Florastraße das Wichelhaus, einen Wein- und Delikatessenladen. Gelegentlich sieht man ihn mit seinen kleinen Kindern im Viertel.
Tanzflora-Organisator Steffen Herrmann ist Partykönigen wie der Berliner Diskolegende Rolf Eden so ähnlich wie das Nachtleben der Florastraße dem Ballermann. Und doch: Bei vielem, was in der jüngeren Vergangenheit das überschaubare abendliche Angebot in der Gegend bereichert hat, steckt der Betreiber des Wichelhauses dahinter. Zuerst hat er in seinem Weinladen alle paar Wochen bis spät abends einen Dämmerschoppen angeboten. Mit Geschäftspartnerin Verena Pötschke hat er dann Anfang des Jahres „die bar“ eröffnet, dann folgte die Tanzflora im JUP. Neben der Eiche in der Wollankstraße sicherlich die deutlichsten Zeichen für das zarte Erwachen eines eigenständigen Nachtlebens im Viertel.
Erlebnis-Welt Florakiez als großer Party-Plan? Eigentlich kam einfach nur eins zum anderen. Wie so oft. Mit Verena Pötschke, die er noch aus gemeinsamen Zeiten in der Gastronomie kannte, hatte er schon lange über eine gemeinsame Bar geredet. Sie waren sogar schon mal kurz davor, wollten sich die Räume sichern, in die dann doch das Restaurant Frau Sina und später das Franz einzogen. Da die Gewerbetreibenden der Florastraße ziemlich gut vernetzt sind, erfuhr er später rechtzeitig davon, dass die Florentine umziehen würde. Das Konzept hatten er und seine Partnerin schon in der Tasche, also konnte alles schnell gehen. Bis auf den Innenausbau, aber das ist eine andere Geschichte.
Das Gesicht der Bar ist eindeutig Verena Pötschke. Aber einen Abend in der Woche steht auch Steffen Herrmann hinter dem Tresen. Der Weinhändler beliefert und betreibt die Bar. Das ist logisch. Wein und Spirituosen kommen über die Bar an den Kunden und der vielleicht bald in den Laden. Und am Füllstand der Whiskeyflaschen lässt sich ablesen, welche Marken die Kunden bevorzugen. Hier könnte die Geschichte enden. Hätte nicht Annie Rosenthal, bis vor kurzem Betreiberin des Café Schönhausen, ihn eines Abends just in der Bar angesprochen.
Jetzt veranstalten die beiden am zweiten Freitag in ungeraden Monaten die Tanzflora in den Räumen des JUP. Eine Clubnacht vor allem für die Familienväter und –mütter im Kiez. Nah genug am Babysitter und trotzdem wieder mal richtiges Ausgehen. Und das Konzept hat eingeschlagen. Bei der letzten Tanzflora im November kamen um die 150 Gäste, zeitweise erwogen die Veranstalter, den Einlass zu schließen. Auch fürs Auflegen – die DJs wechseln – gibt es schon weitere Interessenten.
„Eigentlich fehlt dem Florakiez noch eine Kinoveranstaltung“, findet Herrmann. Aber sein Bedarf an Projekten sei gedeckt, versichert er sehr glaubwürdig. Wobei… ein richtiges, eigenes Produkt würde ihn schon reizen. Mit einem Freund denkt er zumindest ein bisschen übers Bierbrauen nach.
Herr Herrmann scheint sich im Dämmerzustand zu befinden, vermutlich nach dem Genuss einiger Dämmerschoppen.