Aus der BVV: Der AfD-Zirkus geht weiter

Von | 14. Dezember 2016

Am Rednerpult: Bürgermeister Sören Benn (Linke)

Wesentlich mehr Journalisten als sonst und die streckenweise lautstarke Antifa im Publikum – das kann nur eines bedeuten: In der Bezirksverordnetenversammlung Pankow geht es schon wieder um die AfD. Der Mittwochabend verlief dann aber unspektakulärer als es von den Kollegen erwartet wurde. Obwohl der AfD-Kandidat für den Posten des Bezirksstadrats erneut durchfiel, deutet sich eine Lösung des Konfliktes an. Nicolas Seifert konnte nur 10 Ja-Stimmen auf sich vereinigen (8 Sitze hat allein die AfD-Fraktion) und wurde mit 35 Gegenstimmen bei 9 Enthaltungen auch im sechsten Anlauf nicht gewählt.

Die Fraktionsvorsitzenden von Grünen und SPD, Daniela Billig und Roland Schröder, hatten zuvor erklärt, warum ihre Parteien Seifert auch künftig nicht wählen werden. Sie halten ihn für nicht geeignet und vermissen einen politischen Gestaltungswillen. Seifert habe sich in den Fraktionen schlecht vorbereitet gezeigt und keine Vorstellung davon, was die Arbeit im Bezirksamt bedeutet. Eine Kandidatur, bloß weil gerade ein Job frei sei oder nur aus Pflichtgefühl der Partei gegenüber reiche nicht aus. Der AfD-Verordnete Andreas Holder bat die anderen Fraktionen um ein Entgegengekommen und wies darauf hin, dass Pankow das Recht auf ein funktionsfähiges Bezirksamt habe. Dass Seifert nicht gewählt werde, sei „sehr schade“. Lautstarke Schadenfreude gab es unter den Zuschauern. Die Störer mussten vom Vorsteher ermahnt werden, sich besser zu benehmen.

Bei der Wahl einer Beisitzenden zeigte sich dann, wohin die Reise gehen könnte. Nach den Schlappen in den beiden letzten BVV-Sitzungen schickte die AfD mit Liane Bottin eine neue Kandidatin ins Rennen. Die 52 Jahre alte Lehrerin schaffte es mit 19 Ja-Stimmen, 10 Nein-Stimmen und 25 Enthaltungen im ersten Versuch. Sollte die Partei eine Alternative zu Seifert präsentieren, möglicherweise sogar eine Frau, könnte es ähnlich laufen und sich die öffentliche Aufmerksamkeit wieder anderen Themen als nur der AfD zuwenden.

Nach dem Wechsel von Baustadtrat Jens-Holger Kirchner als Verkehrsstaatssekretär in den Berliner Senat ist noch ein weiterer Posten zu besetzen. Die Pankower Grünen haben den Verlust des „heimlichen Bürgermeisters“ und mit weitem Abstand bekanntesten Lokalpolitikers noch nicht verdaut. Eine Findungskommission sucht nach dem Nachfolger oder der Nachfolgerin. Wer sich das zutraut, in die großen Fußstapfen treten will und den Grünen nahe steht, kann sich bewerben.

Funktioniert!

Kirchner hatte sich vor Beginn der Sitzung gewohnt gut gelaunt und ungewohnt gut angezogen nach 26 Jahren Pankower Politik von der BVV verabschiedet. Den anwesenden Journalisten verriet er, dass er jetzt in einem Elektro-BMW durch die Stadt kutschiert wird und die Suche nach Ladestationen nicht ganz einfach ist.

Die beste Nachricht des Jahres ist eine akustische: Der BVV-Saal ist endlich mit einer neuen Mikrofon-Anlage ausgestattet worden. Die Technik hält jetzt eine Sitzung lang durch, die Redner sind gut zu verstehen und müssen keine Verrenkungen mehr machen, um das Mikrofon zu erreichen. Toll.

Hanno Hall

Lebt seit 1997 in Berlin und seit 2010 im Kiez. Verantwortet ntv.de und die ntv Apps. Interessiert sich für Baustellen, Flughäfen und Politik. Geht zu Fuß, fährt Rad, BVG und Auto.