Torsten Kühne ist ein echter Berliner, schon seine Großeltern wurden hier geboren. Aufgewachsen in Prenzlauer Berg und Lichtenberg, wohnt er heute im Winsviertel. Seit 2006 ist er Mitglied der CDU und seit 2011 Pankower Stadtrat für Verbraucherschutz, Kultur, Umwelt und Bürgerservice und damit Chef des Ordnungsamtes. Er unterstützte die gescheiterte App „Straßensheriffs“, mit der Bürger Falschparker melden sollten und kämpft weiterhin für die Pankower Smileyliste. Florakiez.de sprach mit ihm über Altkleidercontainer, das Nasse Dreieck und Parkraumbewirtschaftung.
florakiez.de: Der Bezirk geht derzeit gegen illegal aufgestellte Altkleidercontainer vor. Mit welchem Erfolg? Es fällt auf, dass Container den Standort wechseln, anstatt zu verschwinden…
Torsten Kühne: Ja, das ist ein Katz-und-Maus-Spiel. Die Container werden von uns zuerst beklebt, damit der Aufsteller weiß, dass wir jetzt wissen, dass er illegal im öffentlichen Straßenland steht. Dann hat er eine Frist von zwei Wochen, ihn wegzuräumen. Die geübten Aufsteller wissen jedoch, wenn sie den Container 20 Meter nach links oder rechts verschieben, dann sind sie formal gesehen unserer Aufforderung nachgekommen. Nur haben sie ihn dann an einer anderen Stelle illegal aufgestellt und unser Spiel beginnt von vorne. Wir sind da relativ machtlos. Zuletzt hatten wir 466 Altkleidercontainer im Bezirk und das waren definitiv zu viele. Wir können nur den Druck erhöhen und die Container rigoros abräumen, um deutlich zu machen, wir nerven. Vielleicht gehen die Aufsteller dann langfristig in einen anderen Bezirk (lacht).
Pankow hat jetzt erstmals nicht abgeholte Altkleidercontainer versteigert. Wie war die Resonanz und welchen Preis haben die Container erzielt?
Die Resonanz auf die Versteigerung war überschaubar. Neun Container konnten wir versteigern. Das Höchstgebot lag bei 30 Euro. Das deckt nicht einmal die Verwaltungskosten für die Bearbeitung der Vorgänge. Wir werden deshalb zukünftig auf Versteigerungen verzichten und die nicht abgeholten Container direkt der Verschrottung zuführen.
Kommen wir zum Nassen Dreieck. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ist sehr engagiert und hat bereits einen Entwicklungsplan erstellen lassen. Warum ist der Bezirk Pankow so zurückhaltend?
Das erleben wir häufig, dass die Senatsverwaltung eigene Arbeitsgruppen hat und schöne Hochglanzbroschüren erstellt. Auch zum Thema Mauergrünzug waren schon mehrfach ganze Delegationen der Senatsverwaltung bei uns, die ihre Pläne vorgestellt haben. Das Nasse Dreieck soll ja als Teil des Grünzugs entlang der ehemaligen Mauer entwickelt werden. Wir als Bezirk sind da in der Tat zurückhaltend. Es ist schön, wenn man dann eine aufwändig gestaltete Grünanlage hat, aber unsere Erfahrung sagt, wenn man sich keine Gedanken über die Pflege gemacht hat, dann sieht das nach wenigen Monaten nicht mehr schön aus. Da sind wir dann wieder bei dem Thema Ressourcen. Wie soll ich mit meinen 20 Mitarbeitern, die jetzt schon vorne und hinten nicht reichen, den Mauergrünzug einschließlich des Nassen Dreiecks überwachen? Da die Senatsverwaltung für diese praktische Umsetzung aber nicht mehr zuständig ist und dann gerne auf die Zuständigkeit der Bezirke verweist, sind wir da in der Tat immer etwas zurückhaltender.
Engagiert waren Sie, was die Pankower Smileyliste angeht. Zwei Supermärkte haben gegen die Veröffentlichung ihrer Kontrollergebnisse im Internet geklagt und gewonnen. Sie haben die Liste nun von der Internetseite des Bezirks genommen. Bedeutet dies das grundsätzliche Aus?
Für die Smileyliste in der gewohnten Form erst einmal ja. Das Gericht hat leider nur gesagt, wie es nicht geht, aber nicht gesagt, wie es geht. Berlin und auch die anderen Bundesländer sind deshalb derzeit in diesem schwierigen Trial and Error Prozess. Es gibt grundsätzlich zwei Rechtsgrundlagen für die Veröffentlichung: Das Verbraucherinformationsgesetz (VIG) und das Lebens- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB). Nach LFGB §40 müsste die Behörde eigentlich von sich aus informieren, wenn eine erhebliche Abweichung von den Hygienevorschriften festgestellt wurde und ein Bußgeld von mindestens 350 Euro droht. Doch jetzt habe ich gelernt, dass das in Deutschland im Augenblick nicht umgesetzt werden kann. Unsere Smileyliste basierte auf dem VIG. Derzeit haben wir leider eine sehr schwammige Rechtslage und dementsprechende Rechtsprechung, die dem Anspruch der Verbraucherinformation nicht wirklich gerecht wird. Der Knackpunkt beim VIG ist die Frage, wo eine Darstellung der Ergebnisse aufhört und wo eine Bewertung der Kontrollergebnisse durch die Behörde anfängt. Es bleibt also dabei, dass wir den Bundesgesetzgeber auffordern, eine klare Rechtslage zu schaffen, damit wir den Verbraucher wirklich informieren können.
Sie haben vorhin die Parkraumbewirtschaftung angesprochen. Glauben Sie, dass sie auch im Florakiez eingeführt wird?
Irgendwann bestimmt, da würde ich Wetten abschließen. Im Florakiez haben wir viele Beschwerden über mangelnden Parkraum. Wir haben das nicht untersucht, aber die Kriterien wären sicherlich schon jetzt erfüllt. Über 90 Prozent der öffentlichen Parkfläche muss ausgenutzt sein. Im Florakiez habe ich den Eindruck, sind wir schon über 100 Prozent. Dann muss es 30 Prozent Anlieger geben, also Menschen, die nicht im Gebiet wohnen, dort aber mit dem Auto hinfahren, weil sie dort zum Beispiel arbeiten oder einkaufen gehen. Der Florakiez ist kein reines Anwohnergebiet, insofern würde das wahrscheinlich jetzt bereits durchaus Sinn machen. Aber wir wollen keine Insellösungen haben. Wir sind jetzt bis zur Wisbyer Straße und untersuchen gerade die anliegenden Gebiete, aus denen wir viele Beschwerden haben. Insofern werden wir uns tendenziell immer weiter in den Norden vorarbeiten.
Von wem käme die Initiative dazu? Von Ihnen oder von der Bezirksverordnetenversammmlung?
Die BVV wird sich damit befassen und auch auf den Druck der Anwohner reagieren. Wir haben jetzt schon Unterschriftensammlungen aus den Bereichen Thulestraße, Kissingenviertel oder Carl-Legien-Siedlung. Ich vermute, frühestens in der nächsten Legislaturperiode könnte das für Alt-Pankow relevant werden. Das geht nicht so schnell. Für die Einführung einer Parkzone muss man mindestens mit einem Vorlauf von anderthalb Jahren rechnen.
Was glauben Sie, wie wird der Florakiez in zehn Jahren aussehen?
Er wird wahrscheinlich noch ein bisschen mehr wie der Prenzlauer Berg sein und gleichzeitig seinen eigenen Flair behalten. Es ist ein urbanes, lebendiges Stadtviertel für junge Familien. Also es ist kein Charlottenburg, um es mal so zu sagen. Alle Signale stehen auf Grün, ich kann da keine Wolke am Horizont für den Florakiez erkennen.
Auch nicht die Gentrifizierungswolke?
Stadtviertel verändern sich immer. Ich kann Gentrifizierung nicht nur negativ betrachten. Durch Baugruppen, die Floragärten und die Neue Mälzerei zieht dort eine Klientel hin, die über eine gewisse Kaufkraft verfügt. Ja, aber das ist auch nicht das Schlechteste. Zumindest das Rathauscenter wird sich freuen. (lacht) Das tut Alt-Pankow gut. Aber natürlich muss man aufpassen, dass dadurch nicht sozial Schwächere verdrängt werden. In diesem Fall bin ich für eine Subjektförderung, mit der man es den betroffenen Menschen ermöglicht, in ihren Wohnungen zu bleiben, auch wenn die Mieten steigen. Das könnte über Wohngeld erfolgen. Sozialbauten sehe ich hier nicht.
Mit Torsten Kühne sprachen Hanno Hall und Cathrin Bonhoff.
Teil 1: Hunde, Ordnungsamt und Fluglärm
Parkraumbewirtschaftung für Pankow? Das ist für mich einfach nur eine Kettenreaktion zum Geld scheffeln.
Man führt eine Zone ein und wartet darauf, dass die Leute im Randgebiet sich beschweren, weil die verdrängten Autos nun dort parken. Damit hat man dann wieder einen Grund mehr Zonen einzurichten und wieder mehr Geld abzukassieren.
Der Bezirk verdient an jedem Besucher schön mit.
Ich persönlich glaube ja, dass diese Parkzonen zwischenmenschliche Beziehungen blockieren, da jeder Besucher es sich zweimal überlegen wird vorbeizukommen. Von Liebesbeziehungen ganz zu schweigen.
Und wenn man das Auto stehen lässt, zahlt man schön für die Bahn/Bus, was teilweise noch teurer ist.
Und selbst die Familien, die nur in solchen Zonen arbeiten werden belastet. Werde ich gezwungen auf den Bus umzusteigen, würde ich meine kleine Tochter in der Woche statt zwei Stunden nur noch etwa eine Stunde sehen, weil es einfach deutlich länger dauert mit dem Bus.
Natürlich sehe ich die Probleme mit der Parkplatzsuche auch. Auch ich laufe nicht selten über einen halben Kilometer zu meinem Auto, aber dafür Parkgebühren als Hindernis für Familie, Freundschaft und Beziehung?
Ja Herr Kühne noch mehr Flächen in Pankow bebauen lassen. Dann noch appsheriffs auf die Straßen schicken und Parkzone einrichten. Langsam sollte man hier eine Bürgerinitiative gegen den Bebauungswahnsinn gründen… Aber die Altkleidercontainer die illegal aufgestellt sind – das ist ein ECHTES Problem !