Schulsenatorin Sandra Scheeres hat gemeinsam mit dem Pankower Schulstadtrat Torsten Kühne die Berliner Schulbauoffensive vorgestellt. Beide betonten im Pankower Rathaus dabei den Willen zur engen Zusammenarbeit von Senat und Bezirk. Und dass CDU-Mitglied Kühne bei einer von der SPD organisierten Veranstaltung auftauchte, mag man als Beleg dafür deuten. Und vielleicht auch dafür, dass die Situation wirklich ernst ist.
In zehn Jahren 10.000 Schüler mehr in Pankow
Die anschaulichste Erklärung für die aktuelle Schulmisere lieferte Senatorin Scheeres. Noch 2011 bei ihrem Amtsantritt habe sie dem Finanzsenator abringen müssen, dass keine weiteren Lehrerstellen gekürzt werden. Die wachsende Stadt sei damals noch kein Thema gewesen. Instrumente wie die bisherige Schulentwicklungsplanung hätten angesichts der Berliner Dynamik nicht funktioniert. Heute sei man auf ein flexibleres Monitoring zusammen mit den Bezirken umgestiegen. Die Folgen der damaligen Fehleinschätzung tragen heute die Berliner Schülerinnen und Schüler, wobei auch deutlich wurde, dass Pankow besonders betroffen ist. Ebenso deutlich wurde, dass die Zukunft noch weit problematischer wird, wenn die ambitionierten Berliner Schulbau und Sanierungspläne nicht umgesetzt werden.
Insgesamt 5,5 Milliarden Euro will Berlin bis 2026 in den Um- und Ausbau der Schulen stecken. Allein eine Milliarde wird auf Pankow entfallen. Die Planungen umfassen Erweiterungen wie beim Rosa-Luxemburg-Gymnasium und komplette Neubauten wie bei einer geplanten ISS an der Grabbeallee oder Grundschule(n) am Pankower Tor. Mit 10.000 Schülerinnen und Schülern mehr wird bis dahin gerechnet. Ausgehend von heute 35.500 Schülern an öffentlichen Schulen entspricht das einer Steigerung von etwa einem Drittel. Und wie alle Eltern wissen, die gerade auf der Suche nach einem Platz in einer Pankower Schule sind: Die Situation ist schon jetzt extrem schwierig.
In Pankow auch Gymnasien
So lobte Schulstadtrat Kühne auch die Pankower Schulleiterinnen und Schulleiter, die immer wieder irgendwo einen Raum auftun würden, um doch noch eine weitere Klasse anbieten zu können. Im Bereich der Oberschulen würden 1.500 Kinder außerhalb des Bezirks versorgt.
Wie der Ausbau sich auf Schulformen verteilt, ist noch offen. Scheeres machte aber deutlich, dass sie anders als in einigen anderen Bezirken, in Pankow auch Bedarf im Rahmen der Gymnasien sieht.
Erhebliche Risiken
Im Rahmen der Veranstaltung wurde aber auch deutlich, dass die Risiken vor Vollendung erheblich sind. Und beide – insbesondere Kühne – machten daraus auch keinen Hehl.
- Teilweise kriegen schon heute die Bezirke auf ihre Ausschreibungen gar keine Angebote von den ausgelasteten Baufirmen. Und wenn, dann zu „Mondpreisen“ so Kühne. Oft seien die Firmen dann sogar „überrascht, wenn wir in unserer Not trotzdem einschlagen“, so Kühne.
- Auch wenn die Stadt in ihrer Grundstückspolitik mittlerweile umgeschwenkt ist, und die städtischen Grundstücke nicht mehr meistbietend versteigert, sind gerade in Pankow Grundstücke rar und nicht alle Standorte gesichert. So gibt es am Pankower Tor erhebliche Unsicherheiten über den Zeitplan und die tatsächlich realisierbaren Schulflächen.
- Scheeres will die Planungs- und Bauzeiten von heute acht bis zehn Jahren halbieren. Allerdings wurde auch deutlich, dass die Bauvorschriften gerade den öffentlichen Schulbau kompliziert machen, wie auch die haushaltsrechtlichen Vorschriften. Kühne illustrierte dies am Beispiel des Sonnenschutzes. Den darf er aus Unterhaltsmitteln nur außenliegend finanzieren. Das aber ist bei denkmalgeschützten Gebäuden oft untersagt. Innenliegender Sonnenschutz sei aber „Ausstattung“ so Kühne und damit ein anderer Haushaltstopf.
Die vom SPD-Abgeordneten Dennis Buchner moderierte Veranstaltung der SPD Pankow war gut besucht, neben diversen Schulleiterinnen und Schulleitern waren auch Elternsprecher und einige Elterninitiativen anwesend. Dafür, dass das Thema Eltern sehr bewegt und teilweise sehr emotional diskutiert wird, war die Atmosphäre sehr sachlich, wobei die Nachfragen durchaus viele schwierige Punkte des Unterfangens deutlich machten.
Und wenn dann alles doch klappt, muss man nur noch genug Lehrerinnen und Lehrer finden. Insofern wurde auch klar: Trotz der enormen Summe und Pläne ist Pankow von Entspannung an der Baustelle Schule weit entfernt.
Danke für die Berichterstattung! Zu ergänzen ist, dass Frau Scheeres und Herr Kühne zwar die Zusammenarbeit lobten, gleichzeitig aber davon berichteten, dass die Anzahl der zu informierenden und mit einzubeziehenden Stellen auf Senatsverwaltungs- wie auch auf Bezirksebene ungeheuer groß ist, und die Projektrisiken und -verzögerungen dadurch verstärkt werden.
Ich denke, wir brauchen auch im Schul- und Bildungsbereich eine Verschlankung der Zuständigkeiten. Zum Beispiel: Kitabau und -Erzieher auf die Bezirksebene, Schulbau auf die Landesebene, Bildungspolitik auf die Bundesebene.
Durch die Einbindung der HOWOGE hat die Zahl der Player beim Thema Schulbau nochmal zugenommen. Im Vergleich zum Schulbau ist die Verkehrslenkung straff und effizient organisiert. Die Verkehrslenkung wird nach jahrelangem Chaos wieder in die Verwaltung eingegliedert. Absurd, daß der Senat den gleichen Fehler beim Schulbau wiederholt.
Guter Artikel in der Gesamtheit.
Auch Senatorin Scheeres hätte 2011 jedoch bekannt sein müssen, das die Fülle der Bauanträge der (damaligen) Vergangenheit, prinzipielle Änderungen der gesamten Infrastruktur bewirken.
Sie hätte vielleicht 10 -15 Jahre vorher schon mal SimCity spielen sollen. Liest sich vielleicht etwas komisch, ist es aber nicht.
Ein „Monitoring“, wie im Text beschrieben, fand praktisch noch nie real statt. Die eine Behörde hat der anderen hinterher gearbeitet. Was bedeutet jetzt eine „flexibleres Monitoring“?
Wenn Scheeres Bauzeiten halbieren möchte, macht sie die Rechnung, wie in der Vergangenheit womöglich auch, ohne Brüssel. Die ewige Verzögerung beim BER haben wir zu 70% Brüssel zu verdanken. Bauvorschriften und öffentliches Recht, permanente Anpassungen nach Baubeginn usw. …. Vielleicht wäre letztes mal ein Artikel nach intensiver Recherche hier Wert.
Um dem Mangel an Schulplätzen, von dem Pankow wie berichtet, mit am stärksten betroffen ist, gegenzusteuern, wäre es m.E. dringend nötig, bei der Vergabe der Plätze an den weiterführenden Schulen das Kriterium Schulweg wieder einzuführen, damit nicht die Plätze v.a. an besonders beliebten Schulen wie dem CvO-Gymnasium, dem Rosa-Luxemburg-Gymnasium oder der Kurt-Tucholsky-Schule zu einem großen Anteil von Schülern aus anderes Bezirken besetzt werden!