Etwas unklar, was die Berliner Morgenpost den Pankowern damit sagen wollte: Auf jedem der geschätzt 160 Stühle, die im großen Saal des Rathauses für die Teilnehmer des Leserforums Pankow bereitgestellt wurden, lag ein herzförmiger Aufkleber mit dem Aufdruck „I love Steglitz-Zehlendorf“. Die Plätze bei Veranstaltung am Dienstagabend waren schnell vergeben. Etwa doppelt so viele Anfragen habe es gegeben, sagte Moderator Hajo Schumacher, der eine interessante Theorie zu den Aufkleber bereit hielt. Aber dazu später.
Auf dem Podium saßen neben dem Moderator Juliane Bartel, die Vorsitzende des Bezirkselternausschusses und Elternsprecherin am Rosa-Luxemburg-Gymnasium, Bürgermeister Sören Benn (Linke) und drei Generationen von Männern mit dem Vornamen Thomas: 1. Thomas Brandt, Vorsitzender der Vereins für Pankow, 2. Thomas Zoller, Vorsitzender des Vereins für nachhaltige Verkehrsentwicklung und 3. Thomas Schubert, Morgenpost-Reporter für Pankow (24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, 365 Tage im Jahr für Sie zur Verfügung, so die Ansage).
Klar, dass es bei der Zusammensetzung dieser Runde um Wohnen, Verkehr und Schulen gehen würde. Einig waren sich alle darüber, dass neu gebaut werden muss. Aber ob nun fünfgeschossige Häuser an den Stadtrand gesetzt werden sollten, oder ob es dort allein Stadtvillen geben dürfe, dazu gab es keinen Konsens. Nur darüber, dass die Infrastruktur an diese Bebauung angepasst werden muss. Zu Streit oder einer erhitzten Diskussion führte das jedoch nicht. Die Podiumsteilnehmer und das Publikum, das sich nach etwas anderthalb Stunden auch kurz äußern durfte, gingen erstaunlich zivil miteinander um. Es wurde von allen Seiten festgestellt, dass eine Zusammenarbeit zwischen Bezirk und Senat mitunter schwierig ist, was einen Einfluss auf das Schulgeschehen habe, auf den Verkehr und auch auf das Bauen. Benn erklärte, dass eine Bürgerbeteiligung immer aus vier Stufen besteht, aus der Information, der Konsultation, der Mitwirkung und dem Mitentscheiden. Mitunter herrsche Verwirrung darüber, an welcher stelle man steht, was dann wieder zu Frustration führe. Ob die Menschen sich in Pankow vom Bezirk denn gut informiert fühlten, fragte Schumacher. Heraus kam, dass es denn meisten genau daran fehlt. Hier sprang Thomas Schubert von der Morgenpost für Pankow in die Bresche, der sagte, es gebe wenige Bezirke, die so fleißig Pressemeldungen herausgeben wie unserer.
Klar, dass auch das Pankower Tor, die Diskussion um den Fahrradweg Panketrail und das Gezerre um den Rahmenvertrag erwähnt wurden, ohne dass es dazu neue Erkenntnisse gäbe. Kaum Thema waren erstaunlicherweise der Fluglärm und die Gentrifizierung. Der Zustand der Pankower Schulen wurde eher angerissen, die Misere kurz aber präzise von Juliane Bartel zusammengefasst. Sie fragt sich, was für ein Bild wir als Gesellschaft unseren Kindern vermitteln, wenn sie jeden Tag in einem Gebäude lernen sollen, in dem sie sich nicht auf die Toilette trauen, weil die so stinkt.
Insgesamt streiften die Teilnehmen des Leserforums viele Themen, vertieft oder gestritten wurde jedoch selten. Alle sind sich einig, dass es mit dem Verkehr nicht so weitergehen kann, dass es andere Konzepte geben muss, dass Wohnraum gebaut werden muss und dass man auch den Newsletter des Bezirks abonnieren kann, wenn man sich noch besser informiert fühlen möchte. Einmal kam auch ein „Früherwarallesbesser“-Moment auf, als der ehemalige Baustadtrat von Weißensee sich aus dem Publikum dazu bekannte, Karow-Nord verbrochen zu haben und stolz darauf zu sein. Einerseits schade, dass es niemals wirklich heiß her ging, andererseits auch tröstlich zu sehen, dass die Menschen im Bezirk miteinander reden können, ohne einander gleich spinnefeind zu sein.
Kommen wir nun zu den Aufklebern zurück: Schumacher meinte, das sei sicher als Anregung der Morgenpost gedacht, auch mal entfernte Bezirke zu besuchen, Steglitz-Zehlendorf habe zum Beispiel einen sehr schönen Krieger-Möbelmarkt, den man besichtigen könne. Unsere redaktionsinterne Florakiez-Privattheorie jedoch ist, dass es sich für die Morgenpost einfach nicht lohnt, einen Pankow-Aufkleber zu drucken und eher der BER eröffnet und Menschen über das Areal des Pankower Tors flanieren, bevor sich daran etwas ändert.