Der BER ist ein schöner Flughafen

Hanno Hall und Cathrin Bonhoff in bester Testlaune.

Altbacken? Zu klein? Unübersichtlich? Immer noch eine Baustelle? Wir haben uns den BER als Komparsen angesehen und einen ersten Eindruck gewonnen.

Die Architektur ist nicht super-originell, das Terminal aus viel Glas und Beton macht aber einiges her. Von innen sieht der Flughafen richtig gut aus. Die Mischung aus Natursteinboden, dunklem Holz und riesigen Fenstern wirkt kein bisschen unmodern.

Der Testlauf selbst verlief zunächst unspektakulär. Die Komparsen wurden zum Auftakt mit einem wenig üppigen Lunchpaket versorgt und erhielten ihre Reiseunterlagen. Während andere Passagiere Sonderaufgaben bekamen und Olivenöl, eine Hundebox oder sperrige Sportgeräte einchecken mussten, ging es für uns als virtuelles Ehepaar lediglich mit drei schweren Koffern mit Lufthansa nach München.

Am Schalter wurden wir das Gepäck schnell los und bekamen unsere Bordkarten. Bis zum Einstieg blieb noch viel Zeit, in der die Komparsen das Gebäude besichtigen und fast überall herumlaufen konnten. Den Unkenrufen zum Trotz ist der BER genau wie Tegel ein Flughafen der kurzen Wege. Zumindest in Terminal 1 ist alles sehr schnell erreicht. Der Fahrstuhl bringt einen vom Bahnhof direkt in die Abfertigungshalle.

Am Flughafen selbst wird nicht mehr gebaut, nur die Läden sind noch nicht fertig und werden gerade eingerichtet. An das Eröffnungsdrama erinnert nur noch eine riesige LED-Anzeige im Hauptgebäude. Dort wirbt Mercedes unverdrossen unter dem Motto „Pulsschlag 2012“ mit dem Konterfei längst zurückgetretener oder aussortierter Nationalspieler. Unklar ist, ob die Reklame aus feiner Ironie nicht abgeschaltet oder einfach vergessen wurde. An anderen Stellen war jedenfalls schon Auto-Werbung aus dem Jahr 2020 zu sehen.

Nach dem Gang durch die Sicherheitsschleuse mit Körperscannern konnten wir im Wartebereich kurz auf bequemen Sitzen Platz nehmen. Was fehlt, sind Steckdosen, um Handys oder Notebooks aufzuladen. Auch das WLAN war eine eher wacklige Angelegenheit. Dann wurde LH 4044 aufgerufen. Statt eines Flugzeugs warteten Reisebusse, die eine Runde über das Flugfeld drehten. Die gut gelaunten Fahrer sorgten mit BER-Witzen und Anekdoten für Unterhaltung. Zurück am Gate simulierten wir Komparsen eine Ankunft. Nach automatisierter Passkontrolle, die sogar mit unserem Mund-Nasen-Schutz zurechtkam, ging es zum Gepäckband und damit startete Runde 2.

Jetzt stand ein Easyjet-Flug in die Schweiz auf dem Programm. Wie im richtigen Leben wurde der Speedy-Boarding-Schalter direkt vor unserer Nase geschlossen und wir mussten uns in eine lange Schlange mit den anderen Fluggästen einreihen. Dadurch entstand so etwas wie echte Flughafen-Nervosität und leicht gereizte Stimmung.

Aus dem Flug wurde dann nichts. Bis zum Boarding hätten wir es noch geschafft, aber ein Feueralarm unterbrach die Reise. Der Bereich wurde geräumt und ehe wir uns versahen, standen wir draußen zwischen Feuerwehrautos. Offenbar hatten die Flughafen-Mitarbeiter einen Plan, denn wir wurden zu einem Sammelplatz geleitet und gefragt, ob wir niemanden vermissen und ob es uns gut geht. Zweimal Ja. Danach war alles etwas chaotisch, der Test offenbar zu Ende. Zunächst wusste niemand, wohin mit den gestrandeten Passagieren. Irgendwie haben wir es aber wieder aus dem Sicherheitsbereich heraus geschafft. Den Flug haben wir jedenfalls verpasst, oder er ging gar nicht erst. Die Frage blieb unbeantwortet. „Unsere“ Koffer wollten wir auf jeden Fall nicht zurück.

Für die Realität sind wir zuversichtlich und freuen uns auf die erste richtige Reise von und zum BER.

26 Kommentare zu “Der BER ist ein schöner Flughafen

  1. ausPankow

    und das schönste am BER ist, dass er so weit weg ist von Pankow! 🙂

    1. Eysenbeiss

      Stell dir vor, vielen Leuten, die in Spandau wohnen, gefällt das genauso, denn wir waren und sind mindestens genauso geplagt. 😉

  2. Berend

    Schöner ist, dass TXL endlich geschlossen wird, wofür die BI Pankow sagt NEIN zum Flughafen TXL mit anderen BIs und vielen Unterstützer*innen die letzten Jahre gekämpft hat. Erinnert sei bitte in Pankow immer an das Verhalten der Berliner FDP. Die FDP-Abgeordneteten waren dann auch noch zu feige, zu den Diskussionsveranstaltungen mit Bürger*innen aus Pankow zu kommen.
    TXL war schön, es ist aber einfach mal vorbei.

    VBER wäre bestimmt noch schöner, wenn auch da ein strenges Nachtflugverbot herrschen würde (ab 22-6h). Wir Pankower*innen wissen aus Erfahrung, wie nervtötend der (nicht nur) nächtliche Fluglärm ist.
    Bei aller Freude über die Eröffnung des BER (hoffentlich am 31.10.) bleiben wir dabei:
    – Nachtruhe am BER
    – keine Inlandsflüge (auch aus Klimaschutzgründen)
    – Besteuerung von Flugkerosin
    – wachsender Flugverkehr ist kein Selbstzweck

    1. Pankower

      Diverse Initiativen haben ihre Ablehnung von Tegel bekundet, allein ein Volksentscheid mit ungleich mehr Beteiligten ergab, dass sich eine Mehrheit den weiteren Betrieb wünschte. Für die Umsetzung aber waren glücklicherweise alle Messen in Form von Gesetzen gesungen, sodass es am Ende nur eine Frage war, ob es endlich vor Ort die Kompetenz zum erfolgreichen Abschluss der Arbeiten gab. Offenkundig – und man darf heute schon gespannt sein, welch originelles Thema die FDP zu den kommenden Wahlen einführt. Nicht weniger spannend ist die CDU, deren Bürgermeister Diepgen maßgeblich die Entscheidung für den Flughhafenstandort und die Schließung Tegels getroffen hat. Ob was Neues verlogenes kommt? In einem Jahr wissen wir mehr.

      1. Eysenbeiss

        Wird das immer noch verbreitet, dass das ein Volksentscheid über den Bestand gewesen wäre und nicht nur darüber, ob der Senat sich für den Erhalt von Tegel einsetzen soll?

        Leute, wenn ihr schon auf Seiten wie dieser hier mitschreibt, dann macht eure Hausaufgaben und informiert euch richtig !

        Auch das mit den „Gesetzen“ ist nur halbgares Zeug, denn entscheidend war der Gerichtsentscheid, der den eigentlichen Bescheid für den Bau des BER ermöglicht hat, denn dieser besagte von Anfang an, dass der BER nur erbaut werden kann und darf, wenn TXL verbindlich schließt !

        Ergo wäre bei einem Weiterbetrieb von TXL dieser Bescheid hinfällig geworden und der BER hätte selbst vor fünf Jahren nicht eröffnet werden dürfen, selbst wenn er damals schon fertig gewesen wäre.

        Gerade diesen Fakt und Umstand haben sowohl viele FDP-, als auch CDU-Clowns, die, wie richtig erwähnt, zum größten Teil selbst für die Schließung von TXL gestimmt haben, später immer gerne unterschlagen und dann vor allem was den „Volksentscheid“ anbelangt, massiv gelogen.

    2. Michael

      Zieh auf Land nach Brandenburg…da is es schön ruhig!!!

      1. Eysenbeiss

        Zieh du doch auf einen Autobahnrasthof, wenn dir Krach so sehr gefällt, du Clown.

      2. Max

        Noch! Anscheinend ziehen da gefühlt 30 Prozent der Berliner hin und liefern sich Bietergefechte … der Tagesspiegel berichtete.

        Macht nix, dann bauen wir einfach nen Flughafen dahin, dann wollen alle wieder zurück.

    3. Max

      Wer Inlandsflüge abschaffen will, sollte dafür sorgen, dass die Bahn eine richtige Alternative ist, das ist sie nämlich im Fernverkehr nicht. Dazu müsste es Sprinter-Verbindungen ohne Zwischenhalte nach Stuttgart, Frankfurt oder München geben. weil das sonst länger dauert als mit dem Auto. Sonst finden die Nichtflüge vornehmlich auf der Autobahn statt.

  3. Strzeletz

    Ein Flughafen ohne Fluggäste. Was hätte man mit dem vielen Geld anfangen können. Zum Beispiel Straßen so auszubauen, dass man Fußgänger, Radfahrer, parkende Autos und den Verkehr unter einen Hut gebracht hätte. Dem politischen Willen wurde das Geld vom deutschen Michel verschleudert. Sinnlos. Und die dafür Verantwortlichen bekommen hohe Pensionen und Abfindungen.
    So schön kann der neue Flughafen nicht aussehen, dass es das Wert gewesen ist.☹☹☹☹☹☹☹☹☹

    1. Eysenbeiss

      Zeigt, dass du von Stadt- und Verkehrsplanung nicht viel Plan hast, von Wissen ganz zu schweigen.
      Um das, was du da phantasierst, umzusetzen, reicht es eben nicht, Straßen „auszubauen“, da an den meisten Stellen der Platz gar nicht vorhanden ist und in vielen Gegenden sind die Fußwege jetzt schon nur noch 150 cm breit – was willst du da ausbauen?

      Man müsste flächendeckend über ca. 50 Jahre immer wieder ganze Blöcke abreißen, damit man eine neue Struktur in den Verkehr rein bekommen könnte, denn es wird auch mit dem Ausklingen der Verbrennungsmotoren weiterhin größere Fahrzeuge als Fahrräder geben, geben müssen, oder wer soll die Ware in die Supermärkte bringen, eine Flotte Lastenfahrräder?

      Weltfremd und nicht bezahlbar.

  4. Maja

    Der schöne Flughafen kostet vor allem ganz schön viel Geld. Er ist im Prinzip schon jetzt Pleite. Erst einmal sollen noch Mittel der EU fließen, aber das wird nicht reichen. Ein Teil wird dann privatisiert werden und wenn der dann pleite ist, dann rettet ihn der Staat.

  5. Hans im Glück

    Tja, leider scheint der neue Flughafen für den dt. Steuerzahler ein Fass ohne Boden zu werden u. dies über Jahre hinaus – Egal, Hauptsache der Flughafen sieht schön aus …

    1. Max

      Geld spielt doch hierzulande keine Rolle.

      Gerade hat uns lieber Gesundheitsminister zum 2. Mal Aktion Maskengeschenke für die Welt gemacht, für 200 Millionen.

      Also Masken die am Anfang der Krise überall fehlten, weil man keine eingelagert hat. Und jetzt lagert man wieder keine ein sondern verschenkt sie lieber.

  6. Martina Ackermann

    Auch meine Meinung ist, daß wir noch mehr bezahlen werden fuer den Flughafen. Es wird sich immer nur entschuldigt. Man findet keine Worte mehr. Acker

  7. André

    Danke für’s Testen und den knackigen Bericht, Frau Bonhoff und Herr Hall.

  8. Neumayer

    Ich wohne am Kurt- Schumacher- Platz, wäre nie dahin gezogen, wenn es nicht geheißen hätte: TXL schließt bald! Pustekuchen! Seit Jahr und Tag dröhnen uns hier die Flugzeuge Tag und Nacht um die Ohren. Nachtflugverbot? Was soll das sein? Einziger Lichtblick( so schlimm es ist) war Corona. Jetzt kann man hier gut wohnen, der tägliche Autostau reicht für Lärm vollkommen aus. Mein Mitgefühl haben alle Menschen, die in der Nähe des neuen BER wohnen, die wissen noch nicht, was auf sie zukommt.

    1. Max

      Das geht es dir wie 400000 anderen in akustische Geiselhaft genommenen Pankowern, die aber lieber ein Stockholm-Syndrom entwickelten als dem Schicksal durch Flucht ins ruhige Buch zu entfliehen.

  9. Max

    Das hört sich ja wieder grossartig, wie wenn alle voll den Plan für Tegel hätten mit der Nachnutzung und mit den Hufen scharren. Übersetzt: mndestens ein Jahr passiert wahrscheinlich wieder gar nichts.

    Aus dem TS:
    Ein halbes Jahr lang wird Tegel ein Gespensterflughafen sein, fast ohne Menschen, aber mit einsatzfähiger Technik, mit Gepäckförderbändern und Flugsteigen, der Befeuerung für Starts und Landungen und einem Tower zur Flugüberwachung.

    Ein großer Ausverkauf von Inventar, von Computern, Bildschirmen, Möbeln, Lampen und Werbe-Krimskrams, eine große Resterampe, ist derzeit nicht geplant. Was die Flughafengesellschaft nicht mitnimmt, fällt automatisch in die Zuständigkeit der Tegel Projekt GmbH.

    Doch die beschäftigt sich derzeit nur grob mit der Erbsache TXL. „Grundsätzlich ist es zwischen der Berliner Flughafengesellschaft und uns so geregelt, dass alles, was fest mit den Gebäuden verbunden ist, so bleibt, wie es steht und liegt. ‚Lose Gegenstände‘ werden von der Flughafengesellschaft entfernt“, sagt Constanze Döll, Sprecherin von Tegel Projekt. Was genau lose Gegenstände sind, weiß die Flughafengesellschaft (FBB) auch noch nicht.

    https://www.tagesspiegel.de/berlin/kunst-technik-rindsledersessel-diese-dinge-ziehen-von-txl-zum-ber/26310370.html

  10. Kenny

    @Max
    Ein sehr zutreffender Satz aus diesem Link von ihm:
    „Wir haben sehr lange Umsetzungszeiträume. Neben hausgemachten Fehlern liegt das auch an einem Planungs- und Rechtssystem mit vielen Baunormen, die extrem komplex sind. In den letzten 30 Jahren wurde bei den Auflagen immer mehr aufgerüstet und dabei das große Ganze aus dem Blick verloren. Ich wäre dringend dafür, bei den Normierungen und Regeln abzuspecken. Es wird immer schwieriger zu bauen und deshalb auch immer teurer.“
    Das Problem liegt eindeutig am Regulierungswahn der EU und betrifft ebenso den wichtigen Wohnungs- und Häuserbau. Seine Aussage war ein eindeutiger Wink in diese Richtung, auch wenn er es persönlich nicht ändern kann.

  11. Kenny

    @Max
    aus Stuttgart 21 wurde ja auch schon sinngemäß Stuttgart 24 + x, auf der Kostenseite eine Verdreifachnung + x.
    Man sollte solche Projekte immer einen GU in die Hand geben, vorher natürlich ordentlich und vollständig ausschreiben. Die Privatwirtschaft kann es immer besser als die öffentliche Hand.

    1. Max

      Für die 8 Milliarden für S21 kriegt man aber ganz schön viel im Vergleich zum BER.

      Beim BER fing das Verhängnis an als man sagte es ginge auch ohne GU, nachdem bei der Vergabe Probleme aufgetreten waren.

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