„Wir hoffen alle auf den BER 2020“

Von | 28. September 2018

Volles Haus (Foto: Roland Heller)

Die Tegel-Gegner dürfen nicht locker lassen, falls sich die Eröffnung des BER weiter verzögert oder die politische Situation ändert. Das ist ganz knapp zusammengefasst das Ergebnis der Fluglärm-Veranstaltung am vergangenen Donnerstag im Rathaus Pankow.

„Wir hoffen alle auf den BER 2020, wirklich vertrauen wird darauf heute wohl niemand“, sagte Bezirksbürgermeister Sören Benn vor fast 150 Zuschauern im völlig überfüllten Ratssaal. „Wir sollten uns fit machen für den Fall, dass Tegel noch nicht zu ist, wenn es zu einem politischen Wechsel in Berlin oder Brandenburg kommen sollte.“

Rechtsanwalt Karsten Sommer forderte die Pankower und die übrigen betroffenen Berliner auf, sich stärker bemerkbar zu machen: „Es wird Zeit, dass Sie Wind in die Bude bringen.“ Die Lärmbelastung durch Tegel sei so hoch wie bei keinem anderen Flughafen in Deutschland. Die höchste Lärmbelastungsstufe betreffe 245.000 Berliner. Selbst beim viel, viel größeren Frankfurter Flughafen seien es einige tausend weniger. Einen Weiterbetrieb von Tegel hält der Verwaltungsrechtler für sehr unwahrscheinlich. Er kritisierte, dass Berlin und Brandenburg ihren Pflichten nicht nachkommen. Die Landesplanungen hätten längst überarbeitet werden müssen und die Pflichten aus dem Lärmaktionsplan würden ignoriert. Ab 2020 gebe es eigentlich ein Anrecht auf ergänzenden Schallschutz.

(Foto: Roland Heller)

Thematisiert wurden während der Veranstaltung auch die Gründe für den immer weiter wachsenden Flugverkehr: Das Fliegen sei zu billig und werde durch die fehlende Kerosinsteuer und Zuschüsse für die Flughäfen subventioniert. Rund 20 Prozent der Verbindungen von Tegel gehen nach Frankfurt und München. Beides Städte, die mit der Bahn in unter vier Stunden erreichbar sind.

BUND-Mann Tilmann Heuser will sich bemühen, Flughafen-Chef Engelbert Lüdtke-Daldrup zu einer der nächsten Veranstaltungen einzuladen. “Das ist aber nicht so einfach, vielleicht klappt es nächstes Jahr“. Schwerpunkt könnten die vielen Flüge am späten Abend und in der Nacht sein. Vielleicht wird es ja dann gelingen, Lüdtke-Daldrup den endgültigen Eröffnungstermin für den BER und den Schließungstermin für Tegel zu entlocken.

Nützliches zum Thema Fluglärm:
Ist Pankow der Fluglärm egal?
Keine Lärmschutzzone: Ohren zu und durchhalten
Messergebnisse im Internet: Grüne und rote Punkte zeigen den Geräuschpegel
Start nach Westen oder Osten: Ja, wie fliegen sie denn?
Flugbewegungen live: Was fliegt denn da über der Florastraße?

Hanno Hall

Lebt seit 1997 in Berlin und seit 2010 im Kiez. Verantwortet ntv.de und die ntv Apps. Interessiert sich für Baustellen, Flughäfen und Politik. Geht zu Fuß, fährt Rad, BVG und Auto.

22 Kommentare zu “„Wir hoffen alle auf den BER 2020“

  1. ausPankow

    Das klingt ja ziemlich ernüchternd. Genauso wie niemand für den Eröffnungstermin in 2020 die Hand ins Feuer legen möchte, riskiert das wahrscheinlich auch niemand für die tatsächliche Schließung von Tegel. Aber in einem Punkt stimme ich vollkommen zu, Fliegen ist definitiv zu billig!

  2. Max Müller

    Der Termin zeitigte die erwarteten Ergebnisse.

    Wenn die Politiker etwas sinnvolles machen will, dann sollte man auf die Einführung des neuen Landeverfahrens drängen. Mit ihm liessen sich die Anflüge viel leiser durchführen, in Tegel und anserswo, und ich denke das wäre innerhalb eines Jahres möglich. Die Anlagen wären selbst bei schliessung nicht wertlos.

    https://www.dfs.de/dfs_homepage/de/Presse/Pressemitteilungen/2017/06.04.2017.-%20Flugzeug%20landet%20erstmals%20nur%20mit%20Satellitenf%C3%BChrung/

    Fleisch ist übrigens auch zu billig.

    1. Mirko Meier

      Hallo Max Müller, was bringt ein satellitengestütztes Anflugverfahren in Bezug auf die Lärmbelastung denn für Vorteile? Der einzige Unterschied, den ich erkenne, ist, dass bei tiefer/aufliegender Bewölkung und/oder schlechter Sicht gar nicht mehr geflogen wird – das wäre dann allerdings eine deutliche Lärmverminderung.
      Lärmarme Anflüge (sozusagen im Leerlauf) werden soweit möglich bereits jetzt praktiiziert, vollkommen unabhängig, womit navigiert wird. An der Lärmbelastung bei Starts Richtung Osten ändert sich überhaupt nichts.

  3. Blümchen

    Ja fliegen und Fleisch (sowieso etliche andere Lebensmittel) sind deutlich zu billig. Wobei fliegen nicht mal lebensnotwendig ist. Und auch noch schlecht für die Umwelt.

    Wie genau sollen sich die Pankower deutlicher bemerkbar machen? Sind ja fast alle mit Job und Kids voll ausgelastet. Vielleicht mal ein gemeinsamer Arbeitseinsatz am Flughafen 😉

    1. Hans

      Was wäre die Alternative zu ihrer These das Fleisch und fliegen zu billig ist?

    2. Berend

      Die BI „Pankow sagt NEIN zum Flughafen TXL“ hat diese Infoveranstaltung organisiert (mit Unterstützung des BUND Berlin und dem Bündnis „Tegel schliessen – Zukunft öffnen“). Wir wollen auch weiterhin die Bewohner und vom Fluglärm Betroffenen in Pankow organisieren und informieren. Z.B. über konkrete Anträge zum Fluglärm an den Betreiber (so wie vom RA Karsten Sommer auf der Veranstaltung erwähnt). Auch wir sind im Job und mit Familie (und eventuell Hobby) ausgelastet. Aber wir können zusammen viel bewirken, wenn viele mitmachen oder unterstützen.
      1. Handlung: informiert werden, z.B. über unseren Newsletter (eintragen dazu hier: http://eepurl.com/dIAUaP)
      2. sich informieren: Webseiten der BIs: www.http://tegelschliessen-zukunftoeffnen.de; https://www.tegelschliessen.de; https://www.bund-berlin.de/themen/mobilitaet/flugverkehr/
      3. aktiv werden in sozialen Medien z.B. hier oder auf Facebook.: https://www.facebook.com/PankowsagtNeinzuTXL/
      4. in einer BI aktiv werden. Unsere BI trifft sich am 10.10.2018 in der Brasserie Schönholz um 20 Uhr
      5. und so weiter

  4. Hans

    … Das Fliegen sei zu billig und werde durch die fehlende Kerosinsteuer und Zuschüsse für die Flughäfen subventioniert. …

    Einfach alle Subventionen in Deutschland abschaffen und gut ist. Mal schau’n wie lebenswert dann noch Deutschland ist.

  5. Kenny

    Man kann auch im zweiten Artikel Carsten statt Karsten schreiben, ist ja anscheinend egal. Lärmt ja nicht.
    „Rechtsanwalt Carsten Sommer forderte die Pankower und die übrigen betroffenen Berliner auf, sich stärker bemerkbar zu machen: „Es wird Zeit, dass Sie Wind in die Bude bringen.“
    Was bedeudet das genau?
    Ein RA ruft in einer öffentlichen Versammlung wozu auf? Revolte, Demos, Bürger-gegen- Lärm-Aktionismus?
    Der beschriebene „Lärmaktionsplan“ hat welche gesetzliche Gültigkeit? Keine.
    Lippenbekenntnisse und Pseudo-Bürgermitsprachegefühle-irgendwas und wofür?
    In Shenzhen fährt der gesamte Bus-Linienverkehr beispielsweise elektrisch, die meisten Taxis auch, bis Mitte 2019 dann alle (siehe auch London). Das bedeutet bei mir zeitgemäß und fortschrittlich. Der Vergleich zur „Weltstadt“ Berlin sieht wie aus?
    5 E-Busse Ende 2017 + 30 E-Busse demnächst. Macht 35 in der Metropole Berlin. Shenzhen hat übrigens mehr als Faktor 3 Einwohner, allerdings auch ca. 16500 E-Busse wegen dem Lärm und dem Mief……
    Die Roten und die Grünen bekommen es einfach nicht hin, auch wenn A. Hofreiter gern im Bundestag schreit. 😉

    1. Hans

      RA Karsten Sommer — Mitgliedschaften: Gesellschaft für Umweltrecht, Informationsdienst Umweltrecht, Bund für Umwelt- und Naturschutz, Allgemeiner Deutscher Fahrrad Club, Deutscher Anwaltsverein, Humanistische Akademie Berlin-Brandenburg, Humanismus Stiftung Berlin u.a. — Habe keine weiteren Fragen.

      1. Kenny

        Er sollte demnach keinen fossilen Verbrenner fahren, ansonsten wären einige Mitgliedschaften fragwürdig. 😉
        Hätte er ein E-Auto, wäre er zur emsigen Sammlung weiterer Mitgliedschaften wahrscheinlich im Bundesverband eMobilität e.V. (BEM) mit Sitz in Berlin.

        1. Hans Wurst

          Tja, Wasser predigen aber Wein trinken – Ist immer die gleiche Geschichte.

  6. Michael Springer

    Man kann aus einem Kiez in einer Metropole kein Dorf machen, weil nicht einmal Weinläden und Blumenläden überleben können. Und aus einem architektonisch und haustechnisch „verbockten“ Terminal kann man auch keinen betriebssicheren Flughafen machen! Schon nach der ersten Brandschutzrevision wird es kritisch. Es ist sogar fraglich, ob jemals eine Betriebshaftpflichtversicherung einzuspringen wagt!

    Deshalb:

    London City Airport – das Vorbild für TXL
    https://www.pankower-allgemeine-zeitung.de/london-city-airport-das-vorbild-fuer-txl/

    Überdies soll der Länderzusammenschluß weiter politisch hinterzogen werden, mit bösen
    Folgen für die Verwaltungshaushalte, weil man bald zwei Verwaltungen mit je zwei
    Beschäftigten finanzieren muss: 1 in Arbeit – 1 in Rente! Das Abgabenniveau und die
    Mieten werden derweil weiter steigen!

    Denn es gibt keine soziale Bodenpolitik mit zwei Bundesländern – sondern nur zwei
    Knappheitspolitiken: Berlin wächst trotz anderslautender politischer Parolen nicht!
    Die Stadt bleibt 891,68 km² groß, wird verdichtet und teurer, teurer, bis sie Menschen nicht
    nur verdrängt, sondern in die Prignitz, Uckermark, Zauche und Lausitz ausschwitzt, oder
    noch weiter …

    Meine Lieblingsflughäfen sind übrigens L, HH und F/Main – mit Bus und Bahn geht es fast
    so schnell dorthin, wie über „Stau-Stadtautobahn“ und S-Bahn nach Schönefeld.

    herzliche Grüße
    Michael Springer

    1. Kenny

      @Michael Springer,
      sehr guter Beitrag nebst Link-Artikel.
      Ihr erster Satz trifft den Nagel präzise auf den Kopf.
      Ja, London zeigt das es in Sachen Flughäfen auch anders gehen kann, sofern man kompromissbereit ist.

  7. Kommentator

    „der Länderzusammenschluß (soll) weiter politisch hinterzogen werden“. Welche Fusion? Berlin und Brandenburg? Steht genau wo auf wessen Agenda?

    1. Max Müller

      > Kommentator

      So sinvoll eine Fusion vielleicht wäre, so unwahrscheinlich ist sie.

      Vor allem Brandenburg hat viel zu verlieren, an Pöstchen, an Einfluss und wer bindet sich gerne einen chaotischen Schuldenkönig wie Berlin ans Bein.

  8. Hans im Glück

    Scheint ja bald so als wenn Tegel zum Glück doch noch etwas länger offen bleibt. Wie anders sollte man sonst die Äußerungen von „LD“ verstehen welche zum Thema Baurecht / Prüfkriterien die Runde machen.

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