Monats-Archiv: Januar 2014

Neues vom Flughafen

Der erste Spatenstich
 mit vielen alten Bekannten im September 2006.
 (Foto: Günter Wicker/Flughafen Berlin Brandenburg GmbH)

Es ist keine Überraschung, aber für den geplagten Kiez dennoch eine Kurzmeldung wert. Der alte und neue Aufsichtsratschef des Milliardengrabs BER, der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit, hat sich am Dienstag zum Fortgang des Projekts geäußert:

„De facto wird es so sein, dass der Flughafen 2014 nicht mehr eröffnet werden kann.“

Für die Fertigstellung werde noch Zeit benötigt, so Wowereit weiter. Technische Lösungen seien gefunden, jetzt komme es auf die Umsetzung an.

Wer hätte das gedacht? Wir bleiben verhalten optimistisch und tippen für die Eröffnung des BER und die Schließung von Tegel weiter auf den 27. März 2016.

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Alles glänzt so schön neu

Das neue Jahr hat dem Florakiez in Pankow nicht nur Knallerreste und leere Sektflaschen beschert. Wer genau hinsieht, dem fällt in unserer Nachbarschaft auf, dass sich kleine Dinge ändern. So wurde heute, am Dienstag, den 7. Januar, das große Bauschild vor dem Carl-von-Ossietzky-Gymnasium abmontiert.

Aus alt…

Im Laufe der letzten Monate mutierte es immer mehr zum Schwarzen Brett des Florakiez, wurde mit Ankündigungen und Aufrufen gepflastert, mit Graffiti beschmiert und ließ nur noch wenig von der Bautätigkeit im altehrwürdigem Gebäude ahnen. Damit wieder jeder sieht, wer hier was baut, und welche edlen Gönner dies spendieren, wurde ruckzuck ein neues Schild aufgestellt.

…mach sauber

Auch am Skandalzaun an der Florastraße glänzt es schön neu. Das schmiedeeiserne Bauwerk wird seit Kurzem nicht mehr mit Schildern behängt, sondern mit kleinen und großen Vorhängeschlössern aus Metall. Dem Augenschein nach wurde dies durch die sogenannten „Liebesschlösser“ inspiriert. Das ist ein hierzulande relativ neuer Brauch, bei dem Verliebte ihre herzumrandeten Initialen auf ein Vorhängeschloss gravieren lassen. Dieses bringen sie dann feierlich irgendwo dort an, wo es sinnlos in der Gegend herum hängt. Wer mit der einen Freundin und dem Abus-Schloß Pech hatte, sollte es übrigens beim nächsten Mal mit einem Modell aus dem Hause Citadel probieren. Aber Vorsicht: In Rom knickte unlängst eine Straßenlaterne unter dem Gewicht des angebrachten Metalls zusammen. Ob die seitdem geschlossenen Ehen gescheitert sind, lässt sich jedoch nicht mehr nachvollziehen.

In Reih und Glied…
Es mag schlicht und ergreifend daran liegen, dass der Sicherheitstechnikladen und Schlossverkäufer von nebenan keine Gravuren anbietet, aber auf keinem der lieblichen Liebesbeweise an der Florastraße findet sich eine Gravur. Oder sind die gemeinen Pankower weniger romantisch veranlagt als der Rest der Welt? Das Fehlen des offensichtlich zum Brauch gehörenden Kitschelements lässt vermuten, dass die Schlösser eben kein Liebesbeweis, sondern das Gegenteil sind. Eine einfache Umwidmung des Populären in Protest.
…und sicher nicht so gemeint
Eine offensivere Herangehensweise zeigt der Finder eines rosa-weiß-gestreiften Kinderhandschuhs. Das Fundstück wurde einfach in Pose eines Stinkefingers inszeniert.

Fluglärm für Fortgeschrittene: Grüne und rote Punkte

An neun Stellen lässt die Flughafengesellschaft ständig den Geräuschpegel messen. Pankow und der Florastraße am nächsten liegt der Messpunkt 48 in der Weddinger Schwartzstraße. In Pankow selbst gibt es keine feste Station, denn der Bezirk befindet sich außerhalb der Lärmschutzzone von Tegel. Die Daten der Lärmmessung können mit einem 20-minütigen Zeitversatz im Internet abgerufen werden. Auf der Seite travistxl.topsonic.aero stehen auch historische Daten zur Verfügung. So kann man sich genau ansehen, wann welche Maschine gestartet oder gelandet ist und welchen Krach sie verursacht hat.

Auf diese Weise lässt sich beispielsweise der nächtliche Postflug nachvollziehen. Oben links auf Archiv klicken, Zeit auf 0.00 Uhr stellen, Geschwindigkeit festlegen, abspielen anklicken und zusehen.

Damit man sich unter den Angaben etwas vorstellen kann, nennt der Flughafen folgende Vergleichswerte:
40 dB(A): nahes Flüstern, ruhige Wohnstraße – ziemlich leise
50 db(A): Unterhaltungssprache – normal
60 db(A): Unterhaltungssprache in 1 m Abstand, Büroumgebung – Normal bis laut
70 dB(A): Laute Unterhaltung, Rufen, Pkw in 10 m Abstand – Laut bis sehr laut
80 dB(A): Straßenlärm bei starkem Verkehr – sehr laut
100 dB(A): Autohupen in 7 m Abstand – sehr laut bis unerträglich

Pankow liegt rechterhand des roten Punktes

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Schlaglöcher im Florakiez (3)

Die Straßen unserer Stadt sind von den harten Wintern der vergangenen Jahre gezeichnet. So mancher sagt auch, ihr Zustand läge an den vielen schweren Baufahrzeugen. Ein Schlagloch reiht sich im Florakiez an das nächste, hier stellen wir die markantesten unserer Nachbarschaft vor. Heute: Das Schlagloch auf der Florastraße in Höhe der Hausnummer 32, von der Wollankstraße kommend kurz vor der Kreuzung zur Mühlenstraße.

Stein und Eisen bricht – Hier an der Florastraße
Das besondere Element an diesem tiefen Krater ist ohne Zweifel die gelöste Verbindung zwischen dem Metall des Gullydeckels und dem grauen Asphalt der Straße. Kaum eine Stelle um den Abwasserring ist noch intakt, an der nördlichen Seite der Rundung hat sich der Belag schon so weit gelöst, dass eine scharfe, rutschige Kante entstanden ist. Diese offensichtlich brüchige und missglückte Symbiose steht dafür, dass nicht immer das, was zunächst wie eine dauerhafte Bindung scheint, im Alltag Bestand hat.
In Sichtweite liegt die Backoase. Dieses Loch erinnert seinerseits an ein Wadi in der Wüste
 

 

Sanierungsgebiet Wollankstraße – zu viel bezahlt?

Haus- und Wohnungseigentümer im Florakiez, die den Ausgleichsbetrag für die Sanierung vorzeitig bezahlt haben, sollten noch einmal genau nachrechnen. Denn es kann sein, dass die Summe einige tausend Euro zu hoch war.

Das lässt zumindest die Erfahrung von Christian Strahl vermuten, der Eigentümer einer Wohnung und eines Büros im ehemaligen Sanierungsgebiet Bötzowviertel ist. Der Rechtsanwalt hatte 2008 das Angebot der Sanierungsverwaltungsstelle angenommen und die Ausgleichsabgabe in Höhe von rund 6.600 Euro vorzeitig abgeführt. Und das im guten Glauben, dass sich die Abgabe dadurch reduziert. So war es im Schreiben der Behörde in Aussicht gestellt worden.

Das Sanierungsgebiet Wollankstraße

Im Frühjahr 2013 musste Strahl dann feststellen, dass seine Nachbarn, die nicht vorzeitig abgelöst hatten, über 40 Prozent weniger zahlen sollten als er. Als er das Stadtentwicklungsamt mit den Werten konfrontierte, erhielt er schnell und unbürokratisch rund 2.700 Euro zurück.

Strahl ließ nicht locker und machte in der Einwohnerfragestunde der Bezirksverordnetenversammlung im Dezember den Versuch, Licht ins Dunkel zu bringen. Die Antworten des Bezirksamtes legen den Verdacht nah, dass der ein oder anderer Euro zu viel bezahlt worden sein könnte. Denn auf die Fragen, wie viele Eigentümer in den Pankower Sanierungsgebieten die Ausgleichsbeträge vorzeitig abgelöst haben, welcher Gesamtbetrag dadurch eingenommen wurde und bei welchen Grundstücken die Ablösebeträge zu hoch ausgefallen sind, lauteten die Antworten von Baustadtrat Kirchner kurz und knapp: Das sei „nicht bekannt“, darüber gebe es „keine Statistik“ und „keine Erkenntnisse“. Und überhaupt sei Herr Strahl die Ausnahme, die die Regel bestätige.

Strahl selbst sieht das ganz anders. Sein Fall sei jedenfalls im Bötzowviertel keineswegs besonders und die Aussagen des Stadtrats deswegen nicht nachvollziehbar. Strahl rät Betroffenen, sich in der Nachbarschaft umzuhören und die fälligen Beträge zu vergleichen.
   
Zur Erklärung: Ein Teil des Kiezes um die Florastraße gehörte bis 2011 zum Sanierungsgebiet Wollankstraße. In den 16 Jahren zuvor wurden fast 80 Millionen Euro öffentliche Mittel investiert. Das Geld ist in die Förderung der Sanierung von Wohnungen, neue Grünflächen, Kitas, Straßen und Spielplätze geflossen. Durch die Sanierung haben Häuser, Wohnungen und Grundstücke an Wert gewonnen. Von diesem Zuwachs schöpft der Bezirk einen guten Teil in Form der Ausgleichsabgabe ab. Eigentümer von Wohnungen, Häusern oder Grundstücken bekommen entsprechende Bescheide und müssen dann erhebliche Beträge abführen. Für ein Mietshaus im Florakiez können so 70.000 Euro und mehr fällig werden.

Die Sanierung im Florakiez gilt als Erfolgsmodell. Die Gegend ist deutlich lebenswerter geworden, gleichzeitig sind die Verdrängungseffekte durch die Sanierung hier laut einer Sozialstudie nicht so ausgeprägt wie in anderen Vierteln.

Straßenkunst mit Haltung: Die Street-Yogis

Sie sind klein, bestehen aus Bambus und Kork, sind leicht zu übersehen und doch ein Stück Kunst auf den Straßen Berlins: winzige Street-Yogis, die auf zahlreichen Straßenschildern herumturnen. Drei Männchen in verschiedenen Yoga-Posen stehen auf Straßenschildern entlang der Florastraße. Einer dehnt sich an der Wollankstraße, ein anderer betrachtet die Florapromenade und der dritte schaut an der Mühlenstraße in den Himmel.

Weniger auffällig als das Wandbild im Mucha-Stil, dafür gelenkig: Street-Yogi an der Wollankstraße

Installiert hat sie Josef Foos, der die Street-Yogi-Idee in Berlin verbreitet hat. 2011 begann er, angeregt durch einen Tagesspiegel-Artikel über eine ähnliche Aktion des Londonder Künstlers Slinkachu, im Schatten der Nacht an Straßenschildern hochzuklettern, um seine Männchen zu installieren. Seit 1976 lebt Foos in Berlin und vor den Street-Yogis war er noch nicht künstlerisch in Aktion getreten. Mehr als 1000 hat er bis jetzt angebracht, so dass es langsam schwierig für ihn wird, den Überblick zu behalten, welchen er selbst und wie positioniert hat. Sollten die Pankower Street-Yogis doch von jemand anderen angebracht worden sein, es wäre keine Überraschung für ihn. Die meisten seiner Werke, schätzt Foos, sind schon abgefallen, andere geklaut, viele stehen jedoch noch und bereiten ihren Entdeckern einen kurzen Moment der Freude.

Trotz seines Engagements möchte Foos nicht als einziger Herr über die Street-Yogis gelten. „Es ist ein offenes Projekt,“ so der 57-jährige, „an dem jeder mitmachen kann.“ Solang er sich nur dazu verpflichtet, kein Eigentum zu zerstören. So dokumentiert Foos seine Yogis wie die anderer Künstler auf seiner Webseite, die meisten Männchen finden sich in in Kreuzberg und Neukölln. Das für die Schilder zuständige Grünflächenamt hat sich noch nicht bei ihm gemeldet, und Foos hofft, dass es auch so bleibt.

Schaut den Flugzeugen hinterher: Street-Yogi an der Kreuzung zur Mühlenstraße

Nun wirkt er durch seine Installation in Alt-Pankow. Die Kombination aus hohen Straßenschildern und aufgelockertem Altbaubestand in der Nachbarschaft sei ideal für seine Männchen, bei niedrigen Schildern bestehe die Gefahr, dass die kleinen Kunstwerke schon bald verschwunden seien. „Im Florakiez habe ich dieses Jahr und im letzten welche geklebt.“

Hat es sich an der Florapromenade gemütlich gemacht

Und warum Yogis und nicht etwa andere Sportarten? „Yoga ist einfach meins“, sagt Foos, der Yoga nicht nur betreibt, sondern auch unterrichtet. Die Männchen in die verschiedenen Positionen zu bringen und dann auf die Schilder anzubringen, für ihn ist das kein Problem. Doch dienen die Männchen nicht als Vorlage für eine spontane Übung, wie mitunter angenommen, sondern sind ganz ausschließlich dem Zweck gewidmet, Freude zu bringen.

Inzwischen produziert Foos seine Yogis in Farbe, kürzlich hat er einen Drachenkämpfer-Yogi als Geschenk für einen Jungen geklebt, der auf diese Wesen abfährt. Außerdem ist Foos schon auf neue Ideen gekommen, er klebt nun Birnen-förmige Figuren und bemalte Collagen an Berliner Hauswände – vielleicht bald auch im Florakiez.

Silvesterbilanz im Florakiez

In der Silvesternacht ist es um die Florastraße herum zwar nicht ruhig, dafür aber umso friedlicher geblieben. In anderen Teilen der Stadt wurden Polizisten mit Knallwerk beschossen wurden, an der Prenzlauer Promenade riss sich ein Mann mit einem Feuerwerk die Hand ab und in Alt-Hohenschönhausen drückte die Detonation eines Böllers die Balkontür einer Hochparterrewohnung ein und schleuderte Trümmerteile meterweit durch die Gegend. Nicht so im Florakiez, wo die Feuerwehr nach eigenen Aussagen zu keinen ernsteren Einsätzen gerufen wurde.

Getränkereste an der Görschstraße/In den Floragärten

Das Alt-Pankower Feuerwerk konnte, wie in den Vorjahren auch schon, nicht mit dem aus dem Wedding mithalten. Den sichtbaren Böllerresten nach zu urteilen, gab es in unserer Nachbarschaft einen Raketenhotspot, nämlich die Ecke vor dem provisorischen Feuerwerksladen an der Wollankstraße. Fahrradfahrer sollten in den nächsten Tagen auf ihre Reifen achten, denn die Straßen liegen zum Teil voller Scherben.

Trümmerfeld an der Wollankstraße (auf Pankower Seite)